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Steinmeier: US-Ausstieg aus Atomabkommen ist Absage an den Frieden durch Kooperation

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht in Donald Trumps US-Ausstieg aus dem Iran-Atomabkommen eine Absage an Frieden durch internationale Kooperation. Dies sei ein "wirklicher Rückschlag für die Friedensdiplomatie", sagte Steinmeier am Donnerstagnachmittag beim Katholikentag in Münster.
Podiumdiskussion mit Bundespraesident Steinmeier beim 101. Deutschen Katholikentag in Muenster
Foto: Benedikt Plesker | Podium zum Thema Frieden durch internationale Kooperation mit Bundespraesident Frank-Walter Steinmeier und Moderatorin Bettina Schausten beim 101. Deutschen Katholikentag in Muenster am 10.05.2018.

Nun drohten andere in der Region zu versuchen, denselben Weg wie der Iran in Richtung Atomwaffen zu gehen, sagte der frühere Außenminister vor mehr als 2.000 Besuchern in der Halle Münsterland. Im Iran würden Hardliner wieder auf jene losgehen, die das Abkommen bislang unterstützt haben. Langfristig, so der Bundespräsident, stelle sich die Frage: "Wer wird sich noch auf ein solches Abkommen einlassen?"

Der Bundespräsident ermunterte dazu, nicht "all unsere Zukunftsperspektiven nur mit Blick auf die derzeitige US-Regierung zu sehen und danach auszurichten". Er appellierte an die EU-Mitgliedstaaten, bis zum Beginn des Wahlkampfs zum EU-Parlament konkrete Vorschläge auch zur inhaltlichen und diplomatischen Neuausrichtung zu machen. Diese Aufforderung gelte nicht nur für Frankreich und Deutschland, sondern auch für die 25 anderen Mitgliedstaaten.

Der Berliner Politikwissenschaftler und Historiker Herfried Münkler nannte es gefährlich, dass Trump aus seinem jüngsten Verhalten gegenüber Nordkorea und dem Iran den Schluss ziehen könnte, "dass man durch Druck ?bessere Deals? erzielt". Als ein Szenario, etwa in der derzeitigen Iran-Politik, skizzierte er Europa an der Seite von China und Russland, um den Multilateralismus zu retten. Die USA blieben dabei außen vor. Ob dies zu einem Einlenken Amerikas führe, sei allerdings offen.

In den USA sei eine Haltung des Ressentiments entstanden. Die ?Rolle des Hüters? werde derzeit "spektakulär demoliert" durch die Wahrnehmung: "Wir Amerikaner müssen immer den Kopf hinhalten, und die Europäer profitieren." Die entscheidende Frage sei derzeit: "Wer tritt an die Stelle des Hüters?" Ein anderer oder mehrere andere ? und wie gehen diese miteinander um, fragte Münkler.

Bislang habe sich Europa in einer bequemen Rolle befunden, nämlich quasi unter dem Schirm der USA zu stehen. Dies sei Vergangenheit. Darin, so Münkler, stecke aber auch eine echte Chance zur Neuausrichtung. Düsterer sagte er: "Wir gehen derzeit nicht nur in eine Welt hinein, die aus den Fugen ist, sondern wo sich die entfugten Balken aneinander reiben."

101. Deutscher Katholikentag / DT (jbj)

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