Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Konflikt um Alexander-Newski-Kirche

„Putin will, dass Israel sich zu Russland bekennt“

Putin fordert die Übergabe einer Jerusalemer Kirche an das Moskauer Patriarchat. Damit versuche er eine Positionierung für Russland zu bezwecken, meint der Benedikter Nikodemus Schnabel.
Benedikter Nikodemus Schnabel
Foto: Corinna Kern (dpa) | Dass Israel in dem Krieg bislang nicht klar Farbe bekenne, verärgere westliche Staaten, aber auch Russland, erklärt Schnabel im Interview mit dem Nachrichtenportal „domradio.de“.

Den Wunsch nach einer klaren Positionierung für Russland sieht der in Jerusalem lebende Benediktinermönch Nikodemus Schnabel OSB in der Forderung des russischen Machthabers Wladimir Putin, die in der Jerusalemer Altstadt gelegene Alexander-Newski-Kirche an Moskau zu übergeben. Dass Israel in dem Krieg bislang nicht klar Farbe bekenne, verärgere westliche Staaten, aber auch Russland, erklärt Schnabel im Interview mit dem Nachrichtenportal „domradio.de“. Vor zwei Jahren hatte der damalige Ministerpräsident Israels, Benjamin Netanjahu, die Übergabe der Kirche an Moskau versprochen. 

Moskauer Patriarchat verliert immer mehr Kirchen im Ausland 

„Israel verhält sich in dem gegenwärtigen Konflikt neutral. Viele westliche Staaten sind sehr verärgert, dass es sich nicht klar zur Ukraine bekennt. Und Russland ist verärgert, dass Israel sich nicht klar zu ihm bekennt“, erklärt Schnabel. Dem Moskauer Patriarchat gingen aktuell zahlreiche Auslandsgemeinden beispielsweise in den Benelux-Staaten, zu denen Belgien, die Niederlande und Luxemburg gehören, oder Italien verloren. Immer mehr Bischöfe würden sich wegen der Unterstützung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. für den Krieg in der Ukraine von der Kirche distanzieren. Deswegen gehe es Putin nicht nur darum, eine „wunderschöne Kirche“ in der Jerusalemer Altstadt zu besitzen, sondern „es geht wirklich darum, dass Israel gezwungen wird, politisch Farbe zu bekennen“. 

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Aktuell unterhält die „Kaiserlich-Orthodoxe Palästinische Historische Gesellschaft“ die Kirche mit dem dazugehörigen Museum und dem kleinen Gästehaus. Die Gesellschaft ist gegenüber dem Moskauer Patriarchat äußerst kritisch eingestellt. Ursprünglich war die Kirche im Besitz der „Kaiserlich-Orthodoxen Palästinischen Gesellschaft“, die früher dem Zaren unterstand und nun dem Moskauer Patriarchat. Nach der Revolution 1917, im Zuge derer der russische Zar ermordet wurde, spaltete sich die „Russische Orthodoxe Kirche im Ausland“, zu der auch die „Kaiserlich-Orthodoxe Palästinische Historische Gesellschaft“ gehört, bewusst vom Moskauer Patriarchat ab. 

Rückgabe wegen Freilassung von inhaftierter Israelin versprochen 

Die Rückgabe der Alexander-Newski-Kirche an Moskau war 2020 zwischen dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vereinbart worden. Anlass dafür war, dass die junge Israelin Naama Issachar wegen des Besitzes von Cannabis in Russland verhaftet worden war. Im Gegenzug zu ihrer Freilassung versprach Netanjahu, die russische Regierung als Eigentümerin der Alexander-Newski-Kirche anzuerkennen.

Alexander Newski wird in der orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt. Er regierte als Fürst von Nowgorod und als Großfürst von Kiew und Wladimir. Weil er als Heerführer in der Schlacht auf dem Peipussee die Expansionsversuche des Deutschen Ordens nach Russland stoppen konnte, gilt er als Nationalheld. Beim Fernsehprojekt „Der Name Russlands“ des Kanals Rossija 1 wurde Alexander Newski im Dezember 2008 durch eine Online-Umfrage vor Pjotr Stolypin und dem Drittplatzierten Josef Stalin zum größten Russen aller Zeiten gewählt.  DT/vwe

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