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Bistum Münster weiter in der Krise

Bischof Genn beurlaubt Dompropst Schulte nach Vorwürfen wegen grenzüberschreitendem Verhalten.
Bischofsgruft im Dom zu Münster geschlossen
Foto: Guido Kirchner (dpa) | Im Dom von Münster steht auf einem vom Dompropst unterzeichneten Schild am Zugang zur Gruft: «Derzeit ist ein Besuch der Südturmkapelle sowie der Grablege nicht möglich».

Deutlich gestiegene Kirchenaustrittszahlen meldet das Bistum Münster. Etwa 23 000 Menschen haben der katholischen Kirche dort den Rücken gekehrt, das sind fast 10 000 mehr als im Jahr zuvor. Da gab es Hoffnung, dass der durch die Missbrauchsstudie deutlich gewordene Aufklärungswille neues Vertrauen schaffen könne. Genau das wird jetzt allerdings durch die Vorwürfe gegen den Münsteraner Dompropst und Offizial Kurt Schulte erneut erschüttert. Ein Mitglied der Führungsebene des Bistums soll demnach nicht – wie andere – vertuscht haben, sondern selbst übergriffig geworden sein.

Grenzüberschreitendes Verhalten des Domprobstes

Der Offizial eines Bistums ist der Leiter des Kirchengerichts, zu seinen Aufgaben gehört die Durchführung kirchlicher Gerichtsverfahren. Kurt Schulte, bis vor wenigen Tagen Offizial im Bistum Münster, erwartet nun möglicherweise selbst ein kirchliches Verfahren. Kurz nach Veröffentlichung des Münsteraner Missbrauchsgutachtens wurden Vorwürfe gegen den Dompropst laut.

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Das Bistum Münster teilte mit, dass sich eine Person gemeldet habe, die Schulte ein grenzüberschreitendes Verhalten zur Last gelegt habe. Eine weitere Meldung über ein mögliches Fehlverhalten des Priesters ist offenbar anonym beim Bistum eingegangen. Diesen Vorwurf hat der Interventionsbeauftragte des Bistums, Peter Frings, nach Angaben des Bistums, an die zuständige Staatsanwaltschaft Münster weitergeleitet.

Schluss mit Zögern

Schulte hatte unmittelbar nach der Veröffentlichung des Gutachtens noch mit seiner Unterschrift festgelegt, dass die Gräber der ehemaligen Bischöfe Keller, Tenhumberg und Lettmann im Paulusdom nicht mehr besucht werden dürften. Den Oberhirten werden Fälle der Vertuschung von Missbrauchsstraftaten vorgeworfen. Nun trifft es den Leiter des Domkapitels selbst. Bischof Felix Genn, der nach der Veröffentlichung des Gutachtens noch eingeräumt hatte, an manchen Stellen zu milde mit etwaigen Tätern umgegangen zu sein, handelte jetzt.

Kurt Schulte darf ab sofort und bis auf Weiteres seine kirchlichen Ämter nicht mehr ausüben. Die Beurlaubung sei auf eigenen Wunsch des Offizials erfolgt, der dieses Amt seit 2010 innehat, verlautet es aus dem Bistum. Schulte verzichte darauf, öffentliche Gottesdienste zu feiern oder anderen priesterlichen Tätigkeiten in der Öffentlichkeit nachzugehen. Weitere Sanktionen wurden dem Vernehmen nach zunächst nicht verhängt.

Priesteramtskandidat mit Beweisfotos

Der Interventionsbeauftragte teilte gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur mit, dass sich Schulte zu den Vorwürfen vorerst nicht äußern werde. Auch das Bistum werde in dem laufenden Verfahren keine Angaben machen. Das Nachrichtenportal der Münsterländischen Tageszeitung und Oldenburgischen Volkszeitung berichtet allerdings von einem Augenzeugen, der sich in der Redaktion gemeldet habe und Schulte mit einem in dem Gutachten aktenkundig gewordenen Vorfall in Verbindung bringe.

Danach soll ein Domkapitular bei einer Feier im Priesterseminar Borromaeum gegenüber einem Jurastudenten übergriffig geworden sein. Nach Angaben des Zeugen soll es sich bei dem beschriebenen Domkapitular und dem Vorfall aus dem Jahre 2016 um Schulte gehandelt haben. Der in der Studie beschriebenen Vorgang, der dem Vorwurf gegen Schulte entsprechen soll, wurde offenbar durch Fotos eines Priesteramtskandidaten dokumentiert und durch den Leiter des Priesterseminars dem Bischof gemeldet.

Kleriker geschützt?

Daraufhin habe die Missbrauchskommission des Bistums eine Untersuchung eingeleitet. Sowohl der Betroffene als auch der Beschuldigte hätten erklärt, sich wegen starken Alkoholkonsums im Rahmen der Feier an Einzelheiten nicht mehr erinnern zu können. Im Ergebnis habe man nach den Untersuchungen festgelegt, dem Geistlichen den Besuch im Priesterseminar zu verbieten, ihn ansonsten aber in seiner Funktion zu belassen.

Beobachtern zufolge ist auch dies einer der Vorgänge, bei denen sich der Bischof von Münster fragen lassen muss, warum er nicht früher und energischer gehandelt hat. Auch hier scheint der Schutz des Klerikers über den möglicher Betroffener gestellt worden zu sein.

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Heinrich Wullhorst

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