Kirche

Junge Federn: Anbetung und Jesus-Disco

Von Rudolf Gehrig
Rudolf Gehrig

In diesem Jahr bin ich zum ersten Mal beim „Fest der Jugend“ der Loretto-Gemeinschaft in Salzburg gewesen. Das Treffen gibt es schon seit 19 Jahren und der Zulauf wird jedes Jahr größer.

Um ehrlich zu sein: Als traditionell aufgewachsener Katholik tue ich mir oft schwer mit enthusiastischen Menschenmassen, die völlig entrückt die Hände ausbreiten und sie gen Himmel strecken, während die Stimmung durch das Ausrufen des Namens unseres Herrn in rhythmischen Sprechchören immer weiter aufgepeitscht wird. Besonders dann, wenn im Hintergrund noch eine Band spielt, die die Masse durch ständig wiederkehrende Songelemente quasi einlullt und in einen tranceartigen Zustand versetzt, muss ich – so leid mir das tut – manchmal an die Baals-Priester denken, mit denen sich Elija intensiv auseinandergesetzt hat (vgl. 1. Buch der Könige 18,20–40).

Okay, mag sein, dass der Vergleich unangemessen ist. Ich weiß, dass die meisten charismatisch angehauchten Katholiken den Glauben an Gott einfach auf ihre Art leben und das eben eine andere Form der Spiritualität ist. Aber: Meins ist es einfach nicht! Dennoch war es eine interessante Erfahrung. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, die viel Herzblut in dieses Fest stecken. Jugendliche, die nach einem Crashkurs in Kameraführung den Mut haben, die technische Leitung für die Live-Übertragung zu übernehmen. Leute, die bereits im Vorfeld unglaublich viel Freizeit geopfert haben, um diese Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Klar, wenn man sich die Redner (oder wie sie es nennen: „Preacher“) anhört, bekommt man bei dem ein oder anderen schon mal den Eindruck, dass er diese Bühne auch zur Selbstdarstellung nutzt. Doch diese Versuchung gibt es in allen Bereichen und im Großen und Ganzen geht es den Leuten um eines: die Ehre Gottes.

Ich bin nach wie vor kein Fan davon, dass man den Salzburger Dom stellenweise in eine riesige Jesus-Disco umwandelt und die Technik etwas lieblos auf die Seitenaltäre geknallt wird. Durchaus liebenswerte Mittfünfziger in zerrissenen Jeans, die in gefühlt jedem Satz Anglizismen verbauen müssen, um die eigene Jugendlichkeit zu unterstreichen und dauernd von „Leadership“ sprechen, finde ich ähnlich seltsam wie „spontanes“ Zungenreden und „Segnungsteams“.

Aber: Vielleicht ist auch das alles ein Teil unserer Kirche. Die Kirche wird nicht sterben. Sie bringt die unterschiedlichsten Charaktere zusammen, die sich alle gemeinsam auf den Weg zu Gott machen. Nur jeder eben auf seine Weise. Es lebe die Vielfalt! Oder, wie es Papst Benedikt XVI. einmal ausgedrückt hat: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt.“

Der Autor, 24, arbeitet beim katholischen Fernsehender EWTN in Köln

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