Das Hauen und Stechen um die Anklagen des ehemaligen Nuntius Carlo Maria Vigano geht in die nächste Runde. Vor wenigen Tagen hat das Verlagshaus Mondadori angekündigt, dass am 6. November ein Buch der Journalisten Andrea Tornielli und Gianni Valente erscheint, das den Titel „Il Giorno del Giudizio“ (Der Tag des Gerichts) und im Untertitel spannende Lektüre verspricht: „Konflikte, Machtkämpfe, Missbräuche und Skandale. Was tatsächlich in der Kirche geschieht“. Und damit jedem klar ist, wohin der Hase läuft, steht bereits auf dem blutroten Cover, das die Kuppel des Petersdoms zeigt, dass das immerhin dreihundert Seiten starke Buch „mit exklusiven Dokumenten und unveröffentlichten Zeugnissen über den Fall Vigano und die Rücktrittaufforderung an Papst Franziskus“ aufwartet. Die Autoren sind nicht irgendwer. Beide waren schon mit Kardinal Bergoglio in Buenos Aires befreundet und gehen in Santa Marta ein und aus. Unermüdlich verteidigen sie Franziskus gegen die Attacken aus italienischen Traditionalisten-Kreisen wie aus dem konservativen Lager im Katholizismus der Vereinigten Staaten. Der „La Stampa“-Redakteur Tornielli als verantwortlicher Leiter des Onlinedienstes „Inside the Vatican“ der Turiner Tageszeitung und der freie Autor Valente als regelmäßiger Mitarbeiter dieses Dienstes. Die Franziskus-Jäger wie der italienische Blogger Marco Tosatti, der „L'Espresso“-Vatikanist Sandro Magister oder „LifeSiteNews“ beziehungsweise „OnePeterFive“ in den Vereinigten Staaten werden genügend Material vorfinden, an dem sie sich abarbeiten können. Der „Fall McCarrick“, der mit dem „Fall Vigano“ zum Doppelfall des Bergoglio-Pontifikats geworden ist, droht, in einer publizistischen Schlammschlacht zu versinken, die am Ende niemandem nützt.
Das ist schlecht, sehr schlecht. Der Vatikan hat die Untersuchung der Dossiers zu Theodor McCarrick und eine entsprechende Aufklärung der Vorwürfe Viganos angekündigt. Wie gesagt: angekündigt, aber nichts geschieht. Und auch in seiner Antwort auf Vigano hat Kardinal Marc Ouellet, der Präfekt der Bischofskongregation, bestätigt, dass „in den Vereinigten Staaten und der Römischen Kurie“ Ermittlungen laufen, von denen er hoffe, dass diese „bald einen kritischen Gesamtüberblick über die Abläufe und Umstände dieses schmerzlichen Falles geben werden, damit sich solche Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen“. Diese Aufklärung jetzt aber Journalisten zu überlassen, dürfte die Verwirrung unter den Gläubigen nur steigern. Mondadori lässt in seiner Ankündigung durchblicken, dass hinter dem Kirchenkampf zwischen „Ultra-Orthodoxen und Reformern“, für die Franziskus zum Zankapfel geworden ist, politisch-ökonomische Netzwerke, Freimaurer und Machtgruppen stehen, die den lateinamerikanischen Papst fallengelassen haben und den abtrünnigen Nuntius Vigano nutzen, um Franziskus loszuwerden. Das ist der Stoff, aus dem Verschwörungstheorien sind. Dass der Papst die Spitzen aller Bischofskonferenzen für Februar zum Krisengipfel eingeladen hat, ist ein reiner Witz. Sofortige Aufklärung täte not, und zwar schnell. Immerhin: Dass man schnell arbeiten kann, haben die Journalisten Tornielli und Valente jetzt bewiesen.