Die Reihe der Enthüllungen aus dem französischen Episkopat ist nicht abgeschlossen. Am Mittwochnachmittag veröffentlichte die französische Bischofskonferenz eine Mitteilung des emeritierten Erzbischofs von Straßburg, Jean-Pierre Grallet. In dieser gesteht der Ordensgeistliche, Ende der 80er Jahre als Franziskanermönch „deplazierte Gesten gegenüber einer volljährigen jungen Frau“ vollführt zu haben. Er bereute sein Verhalten zutiefst: „Ich habe mich verirrt und eine Person verletzt. Die Vergebung, um die ich sie gebeten habe, gilt auch für alle ihre Angehörigen und für alle, die heute unter dem Schock dieser Enthüllung verletzt sein werden“, so der 81-Jährige, der 2017 aus Altersgründen von Papst Franziskus in den Ruhestand versetzt worden war.
Grallet will sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen
Eine kanonische Untersuchung ist im Gang, die französische Staatsanwaltschaft wurde informiert. Im vergangenen Sommer habe Grallet von der Anzeige durch die Betroffene erfahren, woraufhin er ihr einen Brief geschrieben und um Verzeihung gebeten habe. „Mit dieser öffentlichen Erklärung, die ich dem Vorsitzenden der Französischen Bischofskonferenz übergebe, möchte ich zum Prozess der Wahrheitsfindung beitragen und meine Verantwortung übernehmen“, so Grallet wörtlich. Bis zum Abschluss der kirchen- und zivilrechtlichen Ermittlungen wird sich der emeritierte Erzbischof von Straßburg aus der Öffentlichkeit zurückziehen.
Wie der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz letzte Woche mitteilte, sind oder waren insgesamt elf französische Bischöfe wegen Vertuschung oder sexuellen Missbrauchs Gegenstand einer kirchen- oder strafrechtlichen Untersuchung. Dazu gehört auch Kardinal Barbarin, der 2020 von dem Vorwurf der Vertuschung freigesprochen wurde. Jean-Pierre Grallet ist einer von drei emeritierten Bischöfen, deren Namen bisher der Öffentlichkeit nicht bekannt waren. Gegen zwei weitere – bisher namentlich nicht bekannte – Bischöfe laufen kirchen- und/oder zivilrechtliche Untersuchungen.
In den letzten Woche hatten der Fall des emeritierten Bischofs von Créteil, Michel Santier, und der Fall des emeritierten Erzbischofs von Bordeaux, Kardinal Jean-Pierre Ricard die Öffentlichkeit erschüttert und die Herbstvollversammlung der französischen Bischöfe überschattet. Zum Abschluss der Herbstvollversammlung hat der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort die bisher nicht namentlich bekannten Bischöfe dazu aufgerufen, sich aus eigenem Antrieb öffentlich zu ihren Taten zu bekennen. DT/fha
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