„Tagespost“-Serie über das Ehesakrament (Teil III)

Ein personaler Bund

Was bedeutet die Hinordnung auf das beiderseitige Wohl? Von Prälat Markus Graulich SDB
Ehejubilare bei einem Hochzeitswalzer vor dem Speyerer Dom
Foto: KNA | Respekt und Offenheit füreinander sind Säulen einer lebenslangen Beziehung. Grund zum Feiern haben die Ehejubilare bei einem Hochzeitswalzer vor dem Speyerer Dom.

Der unauflösliche Bund der Ehe ist in der Kirche Sakrament, Zeichen der Treue Gottes zum Menschen. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich in der Kirche ein personales Verständnis des Ehesakramentes durchgesetzt, das auch die Bestimmung dessen prägt, was christliche Ehe bedeutet. So heißt es in der Pastoralkonstitution des II. Vatikanums über die Kirche in der Welt von heute: „Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der Ehe, vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen geschützt, wird durch den Ehebund, das heißt durch ein unwiderrufliches personales Einverständnis, gestiftet. So entsteht durch den personal freien Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen, eine nach göttlicher Ordnung feste Institution“ (Gaudium et Spes, 48).

Das Sakrament der Ehe ist in der Sicht der Kirche mehr als ein bloßer Vertrag, in dem Rechte und Pflichten bestimmt und übertragen werden. Die Ehe ist ein personaler Bund zwischen Mann und Frau, der am Bund Gottes mit den Menschen Maß nimmt und vom gegenseitigen Sich-schenken und Sich-annehmen der Ehepartner gekennzeichnet ist. Dieser Bundes- und Geschenkcharakter der Ehe kommt in der Feier der Trauung deutlich zum Ausdruck. Die Ehepartner sagen einander zu: „vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau/als meinen Mann. …Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.“

Liebe zueinander, Achtung und Ehrfurcht voreinander schließen von vornherein jede Form von Beherrschung, Unterdrückung und Ausnutzung des Partners genauso aus, wie die Suche nach der Befriedigung nur der eigenen Bedürfnisse. Liebe sucht das Glück, die Erfüllung des/der anderen und findet darin selbst Erfüllung. Das setzt bei den Eheleuten den gegenseitigen Respekt vor der einmaligen Persönlichkeit des Partners und ihrer Geschichte genauso voraus, wie die Bereitschaft, die Verschiedenheit als Bereicherung zu sehen und sich gemeinsam auf den Weg des menschlichen und geistlichen Wachstums zu machen.

„Darum gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch (Mt 19, 6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit“ (Gaudium et Spes, 48).

Das erfordert eine Kultur des Gesprächs zwischen den Eheleuten, eine Kultur der gegenseitigen Aufmerksamkeit, des Aufeinander-achtens, des Einander-verzeihens und der echten Bereitschaft, in den Wechselfällen des Lebens zum Partner zu stehen. Innerhalb einer solchen Kultur der Partnerschaft kann dann auch die gelebte Sexualität zur Sprache der Liebe werden.

Die Hinordnung der Ehe auf das beiderseitige Wohl der Ehepartner unterstreicht die menschliche, personale Dimension des Bundes, den die Eheleute vor Gott eingehen. Sie lässt weder übersteigerten Individualismus der Partner, noch einen selbstgenügsamen Egoismus zu zweit zu, sondern setzt die Offenheit füreinander und für die Anderen voraus.

Im Bemühen um das Wohl des/der Anderen sprechen die Ehepartner das Ja Gottes zum Menschen mit und geben ihm konkrete Gestalt. Sie nehmen Maß an Gottes Liebe zum Menschen und vertrauen auf die Gnade und den Beistand Gottes, die ihnen im Sakrament der Ehe zugesichert werden. Im Sakrament der Buße reinigen sie sich immer neu vom Egoismus und werden bereit, einander zu verzeihen und das Wohl des/der anderen zu suchen.

Der Verfasser ist Professor für Grundfragen und Geschichte des Kirchenrechts an der Universität der Salesianer in Rom und Richter an der Rota Romana

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