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Vorwürfe gegen „Speckpater“: Wie sich „Kirche in Not“ äußert

Pater Werenfried van Straaten, dem Gründer von „Kirche in Not“, wird mit einem schweren sexuellen Übergriff in Verbindung gebracht. Das päpstliche Hilfswerk äußert in einer Erklärung Bedauern – weist einen schweren Vorwurf aber zurück.
"Speckpater" Werenfried van Straaten
Foto: Frank Mächler (dpa) | Neben dem sexuellen Übergriff auf die junge Frau wurden van Straatens Maßlosigkeit in der Lebensführung, erhebliche Defizite in der Personalführung und Anfälligkeiten für faschistoide Ideen vorgeworfen.

Ein Beitrag in der ZEIT-Beilage „Christ&Welt“ belastet Pater Werenfried van Straaten. Der als „Speckpater“ durch seinen Einsatz für Flüchtinge nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt gewordene Gründer der Hilfsorganisation „Kirche in Not“ wird mit einem schweren sexuellen Übergriff in Verbindung gebracht. Van Straaten soll im Jahre 1973 eine 23-jährige Mitarbeiterin sexuell bedrängt haben.

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Kirche in Not distanziert sich

In einer Erklärung distanziert sich „Kirche in Not“ umfänglich von dem Verhalten, das Pater van Straaten vorgeworfen wird und bedauert die schweren geschilderten Vorwürfe zutiefst. Das Werk verpflichtet sich zu einer rückhaltlosen Aufklärung. Im Vatikan sind die Vorwürfe offenbar bereits seit mehr als zehn Jahren bekannt. Zwischen 2009 und 2011 untersuchte der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe im Auftrag von Papst Benedikt XVI. das Hilfswerk und informierte 2010 in einem Brief den damaligen Präfekten der Kleruskongregation, Kardinal Mauro Piacenza.

Neben dem sexuellen Übergriff auf die junge Frau wurden van Straatens Maßlosigkeit in der Lebensführung, erhebliche Defizite in der Personalführung und Anfälligkeiten für faschistoide Ideen vorgeworfen. Der Bettelmönch konnte zu den Vorwürfen nicht mehr persönlich befragt werden, da er bereits 2003 verstarb.

Als „Kirche in Not“ im Jahre 2010 erstmals von dem Vorwurf des sexuellen Übergriffs erfahren habe, sei die Leitung der Organisation unmittelbar auf das Opfer zugegangen und habe das persönliche Gespräch mit ihr gesucht. Da den Verantwortlichen ihre Schilderung glaubhaft erschienen sei, habe sich das Hilfswerk bereit erklärt, der Betroffenen eine finanzielle Entschädigung zu zahlen. 10.000 Euro seien dabei als „Versuch einer Anerkennung des widerfahrenen Leids“ und weitere 6.000 Euro zur Erfüllung von Rentenansprüchen aus dem früheren Arbeitsverhältnis geleistet worden. 

Keine Hinweise auf faschistisches Gedankengut

Nach Kenntniserlangung habe die Organisation unmittelbar die Kongregation für den Klerus und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz über die Anschuldigungen unterrichtet. Auch der zuständige Bischof der Heimatdiözese der Betroffenen und der Verantwortliche des Prämonstratenserordens, in den van Straaten 1934 eingetreten war, seien über die Vorwürfe informiert worden. Eine größere Öffentlichkeit habe man allerdings nicht informiert. Zum einen habe die Betroffene den eindeutigen Wunsch geäußert, dass der Vorwurf vertraulich behandelt werde. Es habe aber auch ein Interesse gegeben, die Projektarbeit der Organisation nicht zu beeinträchtigen und einen Reputationsschaden von dem Werk abzuwenden. Trotz umfassender Recherchen hätten sich Hinweise auf weitere Fälle von sexuellem Fehlverhalten durch den Pater nicht ergeben.

Im Hinblick auf die übrigen Vorwürfe gegen van Straaten stellt das Hilfswerk klar, dass sich in dem Schrifttum des Werkes in der Zeit der 55 Jahre andauernden Leitung durch den Pater keine Hinweise auf ein rechtsextremistisches oder faschistisches Gedankengut ergeben hätten. Vielmehr sei Pater van Straaten Diktaturen gegenüber immer entschieden aufgetreten und habe sie verurteilt. Auch den Vorwurf der Maßlosigkeit in der Lebensführung durch den übermäßigen Genuss von Alkohol oder Essen kann „Kirche in Not“ aus den vorliegenden Informationen nicht bestätigen. Soweit die Mitarbeiterführung des Paters kritisiert wird, weist die Organisation darauf hin, dass der damalige Führungsstil nicht dem heutigen Verständnis moderner Personalführung entsprochen habe. DT/hwu

Weitere Hintergründe zu den Vorwürfen gegen Pater Werenfried erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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