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Voderholzer: „Das Coronavirus hat sich der Mensch selbst geholt“

Das Coronavirus zeige die Grenzen menschlicher Autonomie auf, betont der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer in seiner Predigt am Ostersonntag. Die Pandemie und ihre Auswirkungen seien die Folge einer Kette von Schuld und menschlichem Versagen.
Voderholzer zur Corona-Pandemie
Foto: Maria Irl (KNA) | Gott habe das Corona-Virus nicht geschickt, betonte Voderholzer. „Das brauchte er nicht. Der Mensch hat es sich geholt und verbreitet in einer komplexen Verbindung vieler Elemente einer ,Kultur des Todes'.“

Den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer erinnern die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie an Diktatur-Zeiten. In Deutschland seien Grundrechte wie die Versammlungs- und Reisefreiheit sowie die Freiheit der Religionsausübung „auf vorerst unbestimmte Zeit in einer Weise beschnitten, wie es noch nicht einmal in Zeiten schlimmster Diktatur der Fall war“. So äußerte sich Voderholzer in seiner Predigt beim Pontifikalamt am Ostersonntag im Regensburger Dom.

Zwar trage er diese Entscheidungen mit, so der Regensburger Bischof, „weil wir uns gerade auch als Kirche nicht mitverantwortlich machen dürfen für eine Situation, in der unser Gesundheitswesen zusammenbrechen würde.“ Seine Frage aber lautet: „Lässt sich das Bundesverfassungsgericht nicht plötzlich doch auch noch von anderen Gesichtspunkten leiten als nur der Wahrung der grenzenlosen Autonomie des Einzelnen? Und bringt die gegenwärtige Krise die Rechts-Philosophie der grenzenlosen Autonomie nicht doch an ihre Grenzen?“

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Corona ist keine Strafe Gottes

Voderholzer stellte im Licht der Osterbotschaft die zentrale Frage, die viele Menschen jetzt bewegt: Wie geht es weiter? Was bedeutet die Pandemie? Denjenigen, die in der lähmenden Pandemie eine Strafe Gottes erkennen wollen, pflichtete der Bischof nicht bei: „Gott ist Gott und kein Mensch, der von Stimmungen oder gar Kränkungen abhängig wäre. Und wir brauchen uns als Menschen nicht einbilden, wir könnten Gott beleidigen oder ihn zum strafenden Richter in einem menschlichen Sinne degradieren.“ Vielmehr seien es die Folgen unseres Tuns, die jetzt auf uns zurückfallen: „Ist es nicht vielmehr so, dass wir uns selbst bestrafen, wenn wir uns nicht an den Lebensweisungen Gottes orientieren?“

Gott habe das Corona-Virus nicht geschickt, betonte Voderholzer. „Das brauchte er nicht. Der Mensch hat es sich geholt und verbreitet in einer komplexen Verbindung vieler Elemente einer ,Kultur des Todes'.“ Die Pandemie und ihre Auswirkungen seien die Folge einer Kette von Schuld und menschlichem Versagen, in der sich menschliche Hybris, Stolz, Leichtsinn und Profitgier zu einer unheilvollen Allianz verbinden würden.

Voderholzer fordert zeitgemäße Naturrechtslehre

Was es jetzt brauche sei „ein Ethos für den Menschen im Einklang mit dem Schöpfer und der Schöpfung.“ Dieses Ethos finde in der europäischen Tradition seinen Ausdruck unter anderem in der Naturrechtslehre. Voderholzer fragte wörtlich: „Brauchen wir nicht eine neue, zeitgemäße Formulierung einer Naturrechtslehre, die ausgeht von einer größeren Wahrnehmung und Wertschätzung des von der Schöpfung Vorgegebenen; Schöpfung neu zu denken, die eben nicht weitgehend ein Konstrukt des Menschen, sondern Gabe des Schöpfers ist.“

Darüber hinaus rief Bischof Voderholzer dazu auf, die Osterbotschaft gerade in der existentiellen Erfahrung der Krise im täglichen Leben zu bekennen: „Wenn wir die Krise, so schwer sie auch auf uns lastet, als Aufruf zur Gewissenserforschung nehmen, kann auch tatsächlich Segen und Heil aus ihr erwachsen. Und bitten wir um Gottes Geist, dass er uns helfe, die Bitte der Oration des heutigen Ostersonntags wahr werden zu lassen: „Schaffe uns neu, o Gott, damit auch wir auferstehen und im Licht des Lebens wandeln.“

DT/mlu

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