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„Josef überlässt die Hauptrolle seiner Braut“

Der spanische Wallfahrtsort Torreciudad ist ein modernes Josefsheiligtum - Ein Gespräch mit José Alfonso Arregui, Pressesprecher des Heiligtums.
Torreciudad: Fliesentafel mit den Schmerzen und Freuden des Heiligen Josefs
Foto: García | Die vierzehn Fliesentafeln mit den Schmerzen und Freuden des Heiligen Josefs im spanischen Torreciudad.

Herr Arregui, ist die herausragende Anwesenheit des heiligen Josefs in einem Marienwallfahrtsort etwas Neues? Gibt es Vergleichbares an anderen Wallfahrtsorten?

Auf der ganzen Welt sind viele Kirchen, Pfarreien und Kapellen dem heiligen Josef gewidmet. In Marienwallfahrtsorten scheint der heilige Josef das Verhaltensmodell fortzusetzen, dem er in seinem irdischen Leben folgte: eine unauffällige aber beschützende Anwesenheit im Dienst Jesu und seiner Mutter. Er ist nicht abwesend, aber er überlässt die Hauptrolle seiner Braut und seinem Sohn. In der Regel wird er an Wallfahrtsorten innerhalb der Heiligen Familie dargestellt.

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Die Wallfahrtskirche in Torreciudad wurde auf Anregung des heiligen Josefmaria Escrivá erbaut. War es von Anfang an geplant, den heiligen Josef mit einzubeziehen? Geschah dies aufgrund einer besonderen Verehrung des heiligen Josefmaria zu ihm?

Ja, der heilige Josefmaria hatte eine sehr große Zuneigung zum heiligen Josef, die im Laufe seines Lebens stetig wuchs. Er nannte ihn mit großem Vertrauen „Unser Vater und Herr“. Torreciudad spiegelt diese große Verehrung wider. Und ja, die Anwesenheit des heiligen Josef war von Anfang an als etwas Wichtiges vorgesehen. Dort kann man vor dessen Bildern an etlichen Stellen beten: in verschiedenen Szenen des Altarbildes, in den freudenreichen Rosenkranz-Geheimnissen, in den Sieben Schmerzen und Freuden des Heiligen Josef sowie in einer der Heiligen Familie gewidmeten Kapelle. Diese Darstellungen sollen dazu helfen, sich an seinen Schutz zu wenden und ihn um Hilfe zu bitten.

Warum wurde gerade die Verehrung der Schmerzen und Freuden des heiligen Josefs gewählt? Woher kommt diese Andacht?

Die Andacht zur Betrachtung der Schmerzen Josefs verbreitete sich – analog zu den „Sieben Schmerzen Mariens“ – ab dem 16. Jahrhundert im christlichen Volk. Im 18. Jahrhundert fügte der selige Gennaro Sarnelli, ein Schüler des heiligen Alfons Liguori, die entsprechenden Freuden hinzu. Sarnelli verbreitete den Brauch, an den sieben Sonntagen vor dem Josefsfest, dem 19. März, über sie nachzudenken. Er erzählt, es sei der heilige Josef selbst gewesen, der die Bitte an zwei schiffbrüchige Franziskaner richtete, deren Leben er gerettet habe. Im 19. Jahrhundert festigten die Päpste Gregor XVI. und Pius IX. dadurch die Andacht, dass sie zahlreiche Ablässe gewährten. Damit in Torreciudad die Pilger diese Andacht üben können, wurden die vierzehn Szenen entlang des Weges aufgestellt, der von der Esplanade der neuen Wallfahrtskirche zur alten Wallfahrtskapelle hinunterführt.

Eine Frage zur Gestaltung: Geht die Ausführung als Kacheln auf eine Tradition aus der Region Aragonien zurück?

In Keramik oder Kacheln wurden bereits die beiden weiteren Freiluftserien – die Rosenkranzgeheimnisse und der Kreuzweg – in Torreciudad ausgeführt. Insofern wird das Material erneut verwendet, das bei allem Wind und Wetter die leuchtenden Farben der Originalzeichnungen behält. In Aragonien existiert diese Tradition seit Jahrhunderten, eigentliche seit den Anfängen der alten Krone von Aragonien im 12. Jahrhundert.

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Wie kam es zur Wahl von Palmira Laguéns für deren Durchführung? Welche Anweisungen bekam sie? Was ist ihr künstlerischer Beitrag?

Palmira Laguéns hatte bereits ihr Können bei der Ausführung der Rosenkranzgeheimnisse im selben Material nach einem Entwurf von José Alzuet unter Beweis gestellt, die sie 1974 abschloss. Deshalb lag es nahe, dass sie ein Jahr später mit der Ausführung der vierzehn Fliesentafeln mit den Schmerzen und Freuden des Heiligen Josefs betraut werden sollte. Sie wurde auf die Texte aus der Heiligen Schrift hingewiesen, die jede Szene darstellen sollte. Dazu kamen Anregungen aus den Schriften des Gründers des Opus Dei zu den jeweiligen Szenen. Ihr wurde bei ihrer Arbeit jede Freiheit gewährt. Als „Anweisung“ kann bezeichnet werden, dass sie sehr ausdrucksstarke Darstellungen schaffen sollte, um das Verständnis der jeweiligen Szene zu erleichtern. Mit einfachen Bildern, die jeder verstehen kann, gelang es ihr, die Größe des gewöhnlichen Lebens mit seinen Zeiten der Freude und der Trauer einzufangen. Auf diese Weise erreichte sie ein Gleichgewicht zwischen kompositorischem, künstlerischem Schaffen und Frömmigkeit.

Wird in Torreciudad etwas Besonderes veranstaltet, soweit es die Corona-Beschränkungen zulassen, im Zusammenhang mit dem vom Papst ausgerufenen „Jahr des Heiligen Josefs“?

In Torreciudad haben wir einen Pastoralplan entwickelt, um Pilgern und Besuchern zu helfen, das Jahr des heiligen Josefs zu begehen. Da zurzeit die Umstände keine zahlreichen Zusammenkünfte erlauben, wollen wir die Gläubigen begleiten, die Gestalt des heiligen Josefs zu entdecken, und ihnen die Begegnung mit ihm erleichtern. Damit folgen wir Papst Franziskus, der uns dazu auffordert. Eine Informationsbroschüre, die im Wallfahrtsort verteilt wird, und ein Bereich auf unserer Homepage bieten verschiedene Hilfsmittel an, um dieses Ziel zu erreichen: das Apostolische Schreiben des Heiligen Vaters „Patris corde“, Gebete, Audiomeditationen, Vorschläge, um die von der Kirche für dieses Jahr genehmigten Ablässe zu gewinnen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass der heilige Josef in diesen Monaten viele Herzen zu einer tiefen und freudigen inneren Erneuerung in Torreciudad bewegen wird.

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