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Seelsorger äußern sich kritisch zu geplanten Segnungsfeiern

Wer echte Motive und stichfeste Argumente habe, brauche Aktionen wie die für den 10. Mai geplanten Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare nicht, meint Pater Paulus Maria Tautz. Der Theologe Johannes Hartl spricht von einem bewussten Statement gegen das Responsum der Glaubenskongregation.
Gleichgeschlechtliche Ampelpärchen
Foto: Julian Stratenschulte (dpa) | „Jeder Mensch muss von der Kirche geliebt und angenommen werden, aber nicht immer, was sie tun und denken", meint Pater Paulus.

Im Hinblick auf die für den 10. Mai geplanten bundesweiten „Segensgottesdienste für Liebende“, bei denen auch homosexuelle Paare gesegnet werden sollen, haben sich mehrere Seelsorger gegenüber der Tagespost kritisch geäußert.

Der Franziskanerpater und Männerseelsorger Paulus Maria Tautz sieht in der Aktion eine „ungeschickte Provokation“. Wer echte Motive und stichfeste Argumente habe, brauche derlei Aktionen nicht, so Pater Tautz auf Anfrage dieser Zeitung. „Wer sich als Katholik bezeichnen möchte, muss auch den Katechismus und die gute Lehre der Kirche annehmen.“ Die katholische Kirche sei wie eine Mutter, die auch ermahnen und lehren müsse. „Das kann auch mal weh tun, aber wir wissen, dass es aus Liebe geschieht“, betont der Franziskanerpater.

Der Theologe Johannes Hartl, Leiter des Gebetshauses in Augsburg, stellt gegenüber der Tagespost in Frage, ob bei der Aktion am 10. Mai "tatsächlich der Mensch im Vordergrund steht, der den Segen sucht". Ihn beschleiche der Verdacht, hier gehe es eher um ein bewusstes öffentliches Statement gegen die jüngst von Rom erneut bekräftigte Position. Eine Segnungsgeste auf diese Weise für eine öffentliche Demonstration des Widerspruchs zu instrumentalisieren, scheine ihm unpassend und spalterisch, betont der Leiter des Gebetshauses.

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Reiner Ungehorsam

Einen "reinen Akt des Ungehorsams und der Provokation", nennt Pfarrer Guido Rodheudt aus Herzogenrath im Bistum Aachen gegenüber dieser Zeitung die Aktion. Zudem sei es ein Missbrauch von geistlichen Mitteln wie der Sakramentalie eines Segens. „Man kann nichts segnen, was gegen Gottes Gebot verstößt“, fährt der Pfarrer fort. Dass man dies seitens der Bischöfe mit einer in der Zukunft offenbar eintretenden Änderung der kirchlichen Lehre rechtfertige, zeuge seiner Ansicht nach von erstaunlich hellseherischen Fähigkeiten im deutschen Episkopat und von der offensichtlichen Aufgabe der Vorstellung von einer unveränderlichen Wahrheit. 

Jeden ernst nehmen und anhören

Darüber hinaus betont Pater Paulus, der den Franziskanern der Erneuerung angehört, dass jeder Mensch, vor allem die Brüder und Schwestern im Glauben, ernst genommen und angehört werden müssten. „Jeder Mensch muss von der Kirche geliebt und angenommen werden, aber nicht immer, was sie tun und denken.“ Der homosexuelle Lebensstil sei unnatürlich, es komme zu keiner Fruchtbarkeit und letztlich zu keiner Erfüllung. „Der Herr möchte aber, dass wir Leben in Fülle haben und Frucht bringen, die bleibt“, so der Franziskanerpater. Es gebe den Segen Gottes, „damit wir in dieser naturgegebenen Ordnung bleiben“. Homosexuelle Menschen würden immer gesegnet, ein „Tun außerhalb der Natur- und Gottesgesetze“ könne nicht gesegnet werden. Auf die Frage, welchen Weg er sehe, um Menschen, die in homosexuellen Partnerschaften leben, in der Kirche zu integrieren und zu begleiten, meint Pater Paulus: „Die Kirche liebt Menschen mit einer Same-Sex-Attraction (SSA) und wenn die Betroffenen ehrlich sind, werden sie ganz selten Probleme innerhalb der katholischen Kirche bekommen haben.“

Die katholische Kirche sei die Familie Jesu und habe viel Platz für die verschiedensten Menschen, so Pater Paulus, dessen Gemeinschaft eine Selbsthilfegruppe mitbegründete, die sich um die geistliche Begleitung homosexueller Menschen bemüht. „Es geht bei ihnen wie bei uns allen um Heiligkeit. Vielleicht sollten wir mehr gemeinsam, Seite an Seite, kämpfen und nicht so viel gegeneinander.“ 

Seelsorge als Dienst für den Menschen

Pater Martin Baranowski LC  meint im Gespräch mit der Tagespost, als Seelsorger sei es ihm  wichtig, dass der Mensch wirklich im Zentrum der Pastoral stehe und nicht für andere Zwecke instrumentalisiert werde. Der Dienst für die Menschen, so Baranowski, sei nach seiner Erfahrung nicht von der Gemeinschaft der Kirche und ihrer Lehre zu trennen. "Oft habe ich erlebt, dass Menschen die in Liebe vermittelte Lehre dankbar als Befreiung erfahren (vgl. Joh 8,32). Gerade in einer aufgeheizten Atmosphäre sollte man um der Einheit und der Liebe willen von polarisierenden Aktionen Abstand nehmen."

Mit Blick auf die Seelsorgepraxis der Kirche betont Pfarrer Rodheudt indes: Während der einzelne Mensch immer in der Kirche willkommen sei und integriert werden könne, wenn er es möchte, könne es dennoch sein, dass seine Lebensumstände, seine Handlungen und auch sein Denken nicht kompatibel ist mit den Geboten, die Christus Seiner Kirche am Tag Seiner Himmelfahrt zu Verkündigung aufgetragen habe. In diesem Fall wäre, so der Priester, die Haltung Christi selbst einzunehmen. Der Herr habe diejenigen, die ihrer Neigung zum Ehebruch nachgegeben haben, nicht verurteilt, sondern angenommen, sie bekehrt und sie ermahnt, fortan nicht mehr zu sündigen. Dies gelte für alle Menschen, egal welcher sexuellen Orientierung.

Johannes Hartl hebt hervor, dass die Sehnsucht nach Segen groß sei: "Deshalb ist das segnende Gebet ganz wichtiger Bestandteil unserer Konferenzen als Gebetshaus.". Dabei könne jeder Mensch völlig ungeachtet seiner Lebenssituation für sich beten lassen. Dieses Angebot wird sehr gerne angenommen, selbstverständlich auch von Menschen, die sich nicht als heterosexuell bezeichnen würden.  DT/mlu/pwi

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