Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. gegen den Vorwurf verteidigt, er habe Missbrauchstäter unter katholischen Geistlichen nicht entschieden genug verfolgt. Wer behauptet, der frühere Kurienkardinal Joseph Ratzinger habe sich dem Thema nicht gestellt, "der kennt die Fakten nicht", betonte Schönborn im Blick auf Vorwürfe, die in dem aktuellen Dokumentarfilm "Verteidiger des Glaubens" erhoben werden.
Eigener Gerichtshof an der Glaubenskongregation dank Ratzinger
So verdanke es die Kirche Ratzinger, dass 2001 ein eigener Gerichtshof an der Römischen Glaubenskongregation eingerichtet wurde, der Missbrauchstäter streng verurteilt. Dagegen habe es seinerzeit erhebliche Widerstände in der Kurie gegeben, meinte Schönborn. Zudem seien auf Initiative Ratzingers die Ausführungsbestimmungen zu den Missbrauchsnormen verschärft worden. Das von Kardinal Ratzinger eingesetzte Gericht hat nach Angaben des Vatikan seither mehrere hundert überführte Missbrauchstäter aus dem Priesterstand entfernt.
Aus seiner eigenen Erfahrung erklärte Schönborn, schon bei den 1995 erhobenen Vorwürfen gegen den mittlerweile verstorbenen Wiener Kardinal Hans Hermann Groer habe Ratzinger eine klare Linie vertreten und eine Kardinalskommission gefordert, die den Fall untersuchen sollte. Ratzinger sei damals mit diesem Vorschlag aber am Widerstand anderer im Vatikan gescheitert.
Entschieden gegen Ordensgründer der "Legionäre Christi" vorgegangen
Im Fall des Ordensgründers der "Legionäre Christi" sei Ratzinger entschieden gegen den Mehrfachtäter Marcial Maciel Degollado (1920-2008) vorgegangen, sobald er nach seiner Wahl zum Papst die Macht dazu hatte, so Schönborn weiter. 2006 war Maciel ohne Gerichtsverfahren seiner Ämter enthoben worden; zwei Jahre später starb er mit 87 Jahren.
Die Rolle von Benedikt XVI. im Umgang mit Missbrauchstätern im katholischen Klerus ist aktuell ein zentrales Thema in dem Dokumentarfilm "Verteidiger des Glaubens", der in dieser Woche in deutschen Kinos anläuft. Der Publizist und Benedikt-Biograph Peter Seewald kritisierte den Film im Gespräch mit der "Tagespost". Die Dokumentation disqualifiziere sich durch ihre manipulative, die Wahrheit verfälschende Machart.
DT/KAP/mlu