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Schönborn betont Dringlichkeit der Evangelisierung

Papst erwähnte weder Amazonien-Ritus noch „viri probati“ – Wiener Kardinal kritisiert erneut Tschugguels „Pachamama“-Aktion.
Kardinal Christoph Schönborn
Foto: Cristian Gennari (KNA) | Papst Franziskus schaffe es, alle zu enttäuschen, die in der Zölibatsfrage eine Schwarz-weiß-Antwort erwartet hätten, meint der Wiener Kardinal Christoph Schönborn.

Überrascht vom Inhalt des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens „Querida Amazonia“ zeigt sich der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenzen, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Zur Frage des Zölibats meint er in einem am Mittwoch veröffentlichten Kommentar: „Papst Franziskus schafft es wieder, alle zu enttäuschen, die hier eine Schwarz-weiß-Antwort erwartet haben. Aber wieder versucht er, die Perspektive zu erheben, zu weiten oder zu vertiefen, um den Konflikt zwischen zwei Positionen zu überwinden.“

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Zu wenig begangene Wege intensiv nutzen

Mit keinem Wort erwähne Franziskus den Vorschlag der Synode, die Möglichkeit zu eröffnen, dass bewährte ständige Diakone für Amazonien zu Priestern geweiht werden können. Schönborn, der selbst an der Amazonien-Synode teilgenommen hat, sieht darin eine „Aufforderung des Papstes, alle bisher zu wenig begangenen Wege intensiv zu nutzen, um die prekäre Situation des Priestermangels zu beheben, ohne gleich auf die viri probati, die verheirateten Priester als ‚Ausweg‘ zu kommen“.

Keine Erwähnung findet im päpstlichen Dokument auch die Debatte um einen neu zu schaffenden „Amazonien-Ritus“, mit dem sich die Synode laut Kardinal Schönborn intensiv befasste. Dagegen gebe es Klarstellungen zur christlichen Deutung indigener Symbole. „Man erinnert sich an die unsäglichen Aktionen gegen die ‚Pachamama‘-Figuren während der Synode“, schreibt Schönborn, der das Vorgehen des österreichischen Aktivisten Alexander Tschugguel mehrfach öffentlich kritisiert hat. Tschugguel hatte die „Pachamama“-Figuren aus einer römischen Kirche entwendet und in den Tiber geworfen.
Selbstverschuldeter Priestermangel

"Wie ist es möglich, dass nach 500 Jahren
Christentum in dieser Region praktisch
kein einheimischer Klerus entstanden ist?"
Kardinal Christoph Schönborn

Der Wiener Kardinal hinterfragt in seiner Stellungnahme kritisch den „fast vollständigen Mangel an indigenen Priestern“. Wörtlich schreibt Schönborn: „Wie ist es möglich, dass nach 500 Jahren Christentum in dieser Region praktisch kein einheimischer Klerus entstanden ist?“ Gleichzeitig würden manche Länder dieser Region mehr Priester nach Europa oder Nordamerika entsenden als in die eigenen Vikariate im Amazonas-Gebiet. „Würde nur ein Drittel oder ein Viertel dieser Priester für die Amazoniendiözesen zur Verfügung stehen, dann gäbe es kaum Priestermangel vor Ort.“

Er selbst habe auf der Synode mehrfach gefragt, „warum in Amazonien die Pfingstler, die Evangelikalen, die Freikirchen einen solchen Erfolg haben“, erinnert sich Schönborn. Dieses Thema sei sonst kaum angesprochen worden. „Aber eines wurde meist als Ursache genannt: Die Pfingstler sprechen direkt von Jesus Christus. Sie verkünden das Kerygma, während die katholische Verkündigung dies zu wenig tue.“ Die Prämisse zur Pastoral in Amazonien sei „die Dringlichkeit der Evangelisierung“, so Kardinal Schönborn.

DT/sba

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