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Rücktrittsforderungen: Woelki hat sich an den Papst gewandt

Der Kölner Erzbischof hat sich wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfen an Papst Franziskus gewandt. Der Münsteraner Kirchenrechtler Schüller meint: Woelki muss sofort zurücktreten. Gleiches fordert die KFD.
Kardinal Woelki reagierte nicht explizit auf Rücktrittsforderungen
Foto: Peter Back via www.imago-images. (www.imago-images.de)

Update: Nach einer Pressemeldung des Erzbistums Köln hat sich Kardinal Woelki nun wegen der gegen ihn erhobenen Vertuschungsvorwürfe an den Papst gewandt. Der Erzbischof von Köln habe, so die Meldung, den Papst gebeten, zu prüfen, ob er eine Pflichtverletzung nach kanonischem Recht begangen habe. Woelki hatte dies laut Teilnehmern im Rahmen einer Videokonferenz für Pfarrgemeinde- und Dekanatsräte des Erzbistums gesagt.

Am gestrigen Donnerstag hatte als erste Organisation die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) den Rücktritt des Kardinals als Erzbischof von Köln gefordert. Die Frauenfunktionärinnen bezogen sich dabei auf eine Aussage Woelkis, der betont hatte, er werde diesen Schritt tun, falls die von ihm in Auftrag gegebene Studie eine Beteiligung an Vertuschung nachweisen werde. Der KSTA zitiert die Bundesvorsitzende des Frauenverbandes mit den Worten: „Wer vertuscht, macht sich mitschuldig.“

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Woelki will neues Gutachten abwarten

Der Kölner Kardinal und Erzbischof Rainer Maria Woelki will sich den gegen ihn erhobenen Vorwürfen der Vertuschung eines Missbrauchsfalls im Erzbistum Köln stellen. Auf Rücktrittsforderungen reagierte er zunächst jedoch nicht explizit. Als Erzbischof werde er auch „für entstandenes Leid durch Verantwortungsträger im Erzbistum moralische Verantwortung übernehmen“, so Woelki in einer Stellungnahme, die das Erzbistum Köln am Donnerstagnachmittag veröffentlichte. Dies jedoch auf „unvollständiger Grundlage“ zu tun, würde der Sache nicht gerecht. „Sollte ich im konkreten Fall Fehler gemacht haben, werden diese klar benannt und ich werde danach handeln“, erklärt der Kölner Erzbischof.

Wie sein Umgang mit einem mutmaßlichen Missbrauchstäter strafrechtlich und kirchenrechtlich zu bewerten sei, werde das von ihm beauftragte Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke zeigen, erklärte Woelki weiter. Das Gutachten soll im März 2021 veröffentlicht werden. Der Auftrag der unabhängigen Untersuchung sei klar: „Ohne Ansehen von Person und Amt werden alle Vorgänge im Umgang mit sexualisierter Gewalt der vergangenen Jahrzehnte aufgeklärt.“ Die Untersuchung lasse deshalb niemanden aus, „auch mich nicht“, so Woelki.

Ostfassade des Kölner Doms
Foto: Christoph Hardt (imago stock&people) | Das Vertrauen in die Aufarbeitung der sexuellen Missbrauchsfälle ist erschüttert. Im BIld: Ostfassade des Kölner Doms - Ein Sturm braut sich zusammen über dem Dom.

Woelki sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, als Kölner Erzbischof im Widerspruch zum Kirchenrecht einen damals mehr als 30 Jahre alten Fall sexuellen Missbrauchs durch einen Düsseldorfer Pfarrer nicht nach Rom gemeldet zu haben. Darüber hatte am Mittwoch zuerst der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet. Auch soll Woelki keine Voruntersuchung eingeleitet haben. 

Kirchenrechtler Schüller: Woelki muss zurücktreten

Daraufhin hatte der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller den sofortigen Rücktritt des Kölner Kardinals gefordert. „Mit einem sofortigen Rücktritt würde Kardinal Woelki sich und dem Erzbistum Köln einen großen Gefallen tun“, zitierte die Düsseldorfer „Rheinische Post“ Schüller. Zudem würde sich Woelki „sehr peinliche Befragungen“ ersparen, die kirchenrechtlich zwangsläufig folgen würden, so Schüller weiter.

Der Münsteraner Kirchenrechtler betonte auch, dass es Woelki nichts nutzen würde, „auf Zeit zu spielen“ und bis zur Veröfffentlichung des Gutachten des Strafrechtlers Gercke zu warten. Eine Befragung Woelkis sei „kirchenrechtlich zwingend“. Schüllers Fazit: „Kardinal Woelki wird nach Aktenlage – so oder so – auf jeden Fall zurücktreten müssen.“

Münsteraner Bischof prüft den Fall

Berichten des „Kölner Stadt-Anzeigers“ zufolge prüft derzeit der von Rechtswegen zuständige Münsteraner Bischof Felix Genn, ob er gegen Woelki kirchenrechtliche Untersuchungen aufnehmen lassen wird. Ein Sprecher Genns bestätigte dies der Zeitung. Als dienstältester Bischof der Kirchenprovinz Köln ist Genn verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen eine kirchenrechtliche Untersuchung gegen den Metropoliten (Leiter der Kirchenprovinz) einzuleiten.

Laut dem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“ geht es bei den Vorwürfen gegen Woelki um den 1929 geborenen und 2017 verstorbenen Düsseldorfer Pfarrer O. Woelki sammelte bei diesem als Pastoralpraktikant und Diakon erste Erfahrungen als Seelsorger. 2010 zeigte ein Betroffener den Geistlichen an. Er warf O. vor, ihn als Kindergartenkind Ende der 1970er Jahre missbraucht zu haben. 2011 erhielt er in Anerkennung des Leids 15.000 Euro, das Dreifache des Regelsatzes. 

Woelki erklärte, dass der beschuldigte Pfarrer aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht vernehmungsfähig gewesen sei. Ein zweiter Schlaganfall und eine fortgeschrittene Demenz hätten eine Konfrontation zur Aufklärung des Falles unmöglich gemacht. Dies habe eine kanonische Voruntersuchung verhindert. Zudem habe der Betroffene nicht an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken wollen und nicht einmal eine Konfrontation von Pfarrer O. gewünscht. Auch andere Möglichkeiten zur Aufklärung, etwa durch Zeugen, seien nicht vorhanden gewesen.  DT/mlu/KNA/pwi

Lesen Sie weitere Informationen und Hintergründe zum aktuelle Vertuschungsvorwurf gegen den Erzbischof von Köln in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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