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Notre-Dame: Führender Architekt fordert Dachstuhl aus Holz

Der französische Architekt Eric Wirth nennt es einen Fehler, den zerstörten Dachstuhl der Kathedrale von Notre-Dame aus einem anderen Material als aus Holz zu rekonstruieren. Das Baumaterial habe unmittelbare Auswirkungen auf die Stabilität des Gotteshauses.
Zum Wiederaufbau der Kathedrale Notre-Dame
Foto: Christophe Ena (AP) | Metall- oder Betondächer seien zwar leichter als Holzkonstruktionen, so Wirth weiter. Die Struktur von Notre-Dame sei jedoch auf ein schweres Dach ausgerichtet.

Auch im neuen Jahr werden weiter eifrig mögliche Entwürfe für den Wiederaufbau der durch einen Großbrand massiv beschädigten Pariser Kathedrale Notre-Dame diskutiert. Nun hat sich der Leiter einer der führenden Architekten-Vereinigungen des Landes dafür ausgesprochen, den zerstörten Dachstuhl wieder aus Holz zu errichten. Alles andere wäre ein Fehler, erklärte Eric Wirth von der Gilde französischer Architekten im Rahmen einer Anhörung vor der französischen Nationalversammlung.

Modernstes und ökologischstes Material ist Holz

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Wirth forderte, „scheinbar brillante Lösungen“ aus Metall oder Beton mit Skepsis zu betrachten, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. „Das modernste und ökologischste Material heute ist Holz.“ Der zerstörte Dachstuhl, „la fôret“ (dt. der Wald) genannt, bestand aus einer 800 Jahre alten Eichenholz-Konstruktion. Hätte er aus einem anderen Material bestanden, so Wirth, wäre der Schaden an der Kathedrale nach dem Brand wohl noch größer gewesen. Zudem äußerte der Architekt die Befürchtung, dass das Gotteshaus noch immer einstürzen könne.

Metall- oder Betondächer seien zwar leichter als Holzkonstruktionen, so Wirth weiter. Die Struktur von Notre-Dame sei jedoch auf ein schweres Dach ausgerichtet. Nur aufgrund der großen Masse sei die Stabilität gotischer Kathedralen gewährleistet. Wirth nahm mit seine Äußerungen Bezug auf die jüngsten Bemerkungen des französischen Armee-Generals Jean-Louis Georgelin, der mit der Koordination der Restaurierung Notre-Dames betraut ist. Georgelin hatte Forderungen nach einem Dach aus Eichenholz als „Lobbyismus“ der Holzindustrie bezeichnet. „Es wird eine Untersuchung geben, und alle möglichen Optionen werden in Erwägung gezogen.“

Bisher 922 Millionen gespendet

Wirth wies die Bemerkungen Georgelins jedoch zurück. Angesichts eines solchen Themas von Lobbyismus zu sprechen, ehre das Gebäude nicht, erklärte er gegenüber den französischen Parlamentsabgeordneten. Auch die Kosten spielten keine Rolle, da das Geld für eine Holzkonstruktion vorhanden sei. AFP zufolge sind bisher 922 Millionen Euro an Spenden eingegangen – von einem einzigen gespendeten Euro eines Kindes aus den USA bis zu den 200 Millionen des französischen Milliardärs Bernard Arnault.

Die berühmte Pariser Kathedrale war am 15. April vergangenen Jahres durch einen Großbrand massiv beschädigt worden. Der Dachstuhl aus Eichenholz verbrannte komplett, der 96 Meter hohe Vierungsturm aus dem 19. Jahrhundert stürzte ein, ebenso wie Teile der Gewölbekuppeln. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versprach einen Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren – eine Vorgabe, die von vielen Experten als nicht umsetzbar beurteilt wird.

DT/mlu

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