Was hat er jetzt wieder angestellt? Hat Benedikt XVI. eine neue Lehre verkündet, seinen Nachfolger kritisiert oder eine katholische Konterrevolution gefordert? Nichts dergleichen: Er hat die Lebensform verteidigt, für die er sich als junger Mann einst entschied. Und Jorge Mario Bergoglio auch. Es handelt sich um die Lebensform Jesu, in der die katholische Kirche einen besonderen Schatz und Auftrag sieht – für jene, die am Altar und im Beichtstuhl „in persona Christi“ handeln.
Chance für Franziskus, einer Vereinnahmung zu widersprechen
Sicher, Joseph Ratzinger konnte sich auf die „sprungbereite Feindseligkeit“ seiner Kritiker immer verlassen. Er ist sie gewohnt, und sie bleibt ihm erhalten. Größere Sorgen sollten sich Papst Franziskus und seine Umgebung machen: Wenn ein Zölibats-Plädoyer von Benedikt XVI. als Affront gegen Franziskus gedeutet wird – was sagt das eigentlich über den Nachfolger Petri aus?
Ist Papst Franziskus zur Projektionsfläche für eine kirchenpolitische Agenda geworden, die gar nicht seine ist? Soll er nur abarbeiten, was auf theologischen Lehrstühlen und in Redaktionsstuben längst zur reformatorischen Pflicht erklärt worden ist? Der Zank um den Zölibat könnte Franziskus‘ Chance sein, einer solchen Vereinnahmung klar zu widersprechen.
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