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Der Papst schlachtet die „dritte Bank“ des Vatikans

Das vatikanische Staatssekretariat verliert seine Geldreserven und damit auch seine Macht.
Papst Franziskus schlachtet die „dritte Bank“ des Vatikans
Foto: Stefano Spaziani | Papst Franziskus wünscht, dass das bisher mächtige Staatssekretariat alle finanziellen Reserven und Immobilien an die Vermögensverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA) abtritt.

Jetzt ist es offiziell: Papst Franziskus wünscht, dass das bisher mächtige Staatssekretariat alle finanziellen Reserven und Immobilien an die Vermögensverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA) abtritt und in Zukunft seinen Finanzbedarf wie jede andere vatikanische Behörde durch das Wirtschaftssekretariat kontrollieren lässt. Das geht aus einem Brief des Papstes an Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hervor, den das Presseamt des Heiligen Stuhls gestern veröffentlicht hat. Dem vorausgegangen war ein Spitzengespräch mit den Leitern des Staatssekretariats, dem Chef der APSA und dem Präfekten des Wirtschaftssekretariats. Franziskus will auch, dass sich das Staatssekretariat aus der verunglückten Investition in eine Londoner Luxus-Immobilie zurückzieht. Eine eigens bestellte Ad hoc-Kommission soll diese einschneidenden Schritte in den kommenden drei Monaten überwachen.

Mit dem Geld verschwindet auch die Macht

Die „dritte Bank“ des Vatikans, neben der APSA und dem vatikanischen Geldinstitut IOR, ist damit geschlachtet. Und da das auf einen höheren dreistelligen Millionenbetrag geschätzte Vermögen des Staatssekretariats auch der Grund für seine Macht und seine „Gestaltungsmöglichkeiten“ war, verliert es beträchtlich an Einfluss. Auch wenn es noch für den diplomatischen Apparat des Papstes zuständig ist und die Außenpolitik des Vatikans koordinieren muss, sinkt es auf den Stand einer mehr oder weniger bescheidenen Behörde herab, die ab jetzt tatsächlich ein Sekretariat des Papstes ist und kein Eigenleben mehr führt. Es ist der bisher wichtigste Schritt in der seit sechs Jahren laufenden Kurienreform.

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Kardinal George Pells später Triumph

Einer dürfte diese Vorgänge aus nächster Nähe – von seiner Wohnung direkt beim Sant’Anna-Tor aus – und mit großer Genugtuung verfolgen: Kardinal George Pell, der ehemalige Präfekt des Wirtschaftssekretariats. Er war in diesem Amt mit dem Vorhaben gescheitert, die Finanzen des Staatssekretariats unter Kontrolle zu bringen. Papst Franziskus scheint damals zu dessen Gegenspieler, dem Substituten späteren Kardinal Angelo Becciu, gehalten haben. Doch auch wenn der Papst Becciu vor Wochen das Vertrauen entzogen, ihn zum Rücktritt als Präfekt für die Seligsprechungen gezwungen und ihm die Rechte eines Kardinals genommen hat, so bedeutet jetzt der späte Sieg Kardinal Pells nicht, dass dem ehemaligen Substituten, der inzwischen auch als Delegierter des Papstes beim Malteserorden abgelöst ist, nun eine schwere Schuld nachgewiesen wurde.

Was denn eigentlich das konkrete Vergehen Beccius war, für das er mit der schlimmsten Strafe belegt wurde, die ein amtierender Kurienkardinal seit Menschengedenken auf sich nehmen musste, weiß man immer noch nicht. Eine schief gelaufene Investition in eine Immobilie wie die in London ist vielleicht Ausdruck von Leichtsinn, Naivität oder Schlamperei, aber kein krimineller Akt.

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