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Kölner Missbrauchsgutachten: Sternberg sieht „ungeheuren Skandal“

Den Verdacht einer Unterdrückung von Gutachten zu wecken, schade der Sache, meint der ZdK-Präsident Sternberg. Indes werden auch aus der Politik Forderungen laut, das Erzbistum Köln solle das Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei WSW veröffentlichen.
Kölner Dom
Foto: Oliver Berg (dpa) | Ende Oktober hatte das Kölner Erzbistum mitgeteilt, dass das WSW-Gutachten aufgrund „methodischer Mängel“ nicht veröffentlicht werde.

In der Debatte um den Umgang des Erzbistums Köln mit dem nicht veröffentlichten Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei „Westpfahl Spilker Wastl“ (WSW) zu Missbrauchsfällen in der Erzdiözese nimmt der Druck auf die Verantwortlichen weiter zu. Im Gespräch mit der „Katholischen Nachrichten-Agentur“ (KNA) erklärte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg: „Wenn die Presseberichte über die Vorgänge zutreffen, ist das ein ungeheurer Skandal.“ Es scheine sich herauszustellen, dass vor allem der Umgang mit dem Betroffenenbeirat empörend sei – „weil er in Kauf nimmt, dass es zu einer Retraumatisierung von Betroffenen kommt“.

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Extreme Transparenz notwendig

Sternberg, der sich im Nachgang zur ersten digitalen ZdK-Vollversammlung äußerte, räumte ein, dass es Gründe zwar für die Nichtveröffentlichung geben möge. Das Laienkomitee verlange Klarstellung: „Wenn man einen solchen Bericht nicht veröffentlichen kann, dann ist extreme Transparenz notwendig – im Zweifel transparente Argumente dafür, warum man ihn nicht veröffentlicht.“ Den Verdacht einer Unterdrückung von Gutachten zu wecken, schade der Sache noch mehr.

Noch deutlichere Kritik übte der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Kuffer. „Das Erzbistum soll das Gutachten veröffentlichen und aufhören, die gesamte Kirche zu diskreditieren“, sagte Kuffer der „Bild am Sonntag“. Auch die Frage, welche Kirchensteuermittel bei der „Gutachtenunterdrückung für Anwälte und Berater verschwendet werden“, müsse geklärt werden. 

"Methodische Mängel" im Gutachten?

Ende Oktober hatte das Kölner Erzbistum mitgeteilt, dass das WSW-Gutachten aufgrund „methodischer Mängel“ nicht veröffentlicht werde. Der Kölner Strafrechtsexperte Björn Gercke soll bis zum 18. März 2021 eine neue Untersuchung zum Thema vorlegen. Das Erzbistum sieht sich jedoch dem Vorwurf ausgesetzt, die öffentliche Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der Münchner Kanzlei WSW von langer Hand geplant zu haben, jedoch den Betroffenenbeirat des Erzbistums erst in einer Dringlichkeitssitzung Ende Oktober darüber informiert zu haben, um sich dort die Unterstützung der Betroffenen versichern zu lassen.

Nachdem das Erzbistum betonte, die Entscheidung der Nicht-Veröffentlichung des Münchner Gutachtens sei in Übereinstimmung mit den Betroffenen gefallen, treten nun immer mehr Beiräte zurück, da sie sich instrumentalisiert sehen.  DT/mlu

Weitere Hintergründe zum Umgang des Kölner Erzbistums mit dem zurückgehaltenen Gutachten und der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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