Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Reading

Katholischer Leitfaden für die Lockdown-Option

Während säkulare Medien die mit Ausgangssperre belegten Menschen bereits auf angeblich unumgängliche seelische Belastungen vorbereiten, bietet die katholische Kirche eine ganz andere Sicht auf ein Leben in einer unfreiwilligen Abgeschiedenheit.
Ausgangssperre wegen Coronavirus
Foto: Patrick Seeger (dpa) | Dass die aktuellen staatlich verordneten Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus indes auch eine Chance für viele Menschen, eben eine „Ausgangssperre-Option“ sein kann, legt Father Dwight Longenecker in einem Essay ...

Zahlreiche Menschen sind derzeit weltweit von Ausgangssperren oder zumindest Ausgangsbeschränkungen betroffen. Schon warnen besorgte Psychologen und Journalisten vor den psychischen Gefahren einer von außen aufgezwungenen Einschränkung sozialer Kontakte und dem „Eingeschlossensein“ im eigenen Heim. Dass die aktuellen staatlich verordneten Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus indes auch eine Chance für viele Menschen, eben eine „Ausgangssperre-Option“ sein kann, legt Father Dwight Longenecker in einem Essay für die online Plattform „Imaginative Conservative“ dar.

Lesen Sie auch:

Die Regel des heiligen Benedikt studieren

Der ehemalige Anglikaner konvertierte vor 25 Jahren mit seiner Familie zum katholischen Glauben, 2006 empfing er in den USA die Priesterweihe. Seine einstmals „fundamentalistischen antikatholischen Vorurteile“ hielten ihn nicht davon ab, einem Benediktinerkloster – Douai Abbey in der Nähe von Reading in England – einen Besuch abzustatten: „Der Hinweis möge genügen, dass ich augenblicklich fasziniert und entzückt war von der Verheißung und Anziehungskraft des klösterlichen Lebens. Es gab eine wunderschöne Kapelle, die von Stille erfüllt und in ihrer stillen Schönheit ergreifend war. Ich besuchte die Bibliothek mit ihrem muffigen Duft von alten Büchern und ihren massiven Holzmöbeln. Das gotische Refektorium war ebenfalls eine reine Freude, als ich mich zu den Mönchen setzte und mich über das Paradox wunderte, eine so einfache Speise in einer derart prächtigen Umgebung zu essen“. Longenecker machte es sich zur lebenslangen Verpflichtung, die Regel des heiligen Benedikt zu studieren und weitere Klöster zu besuchen.

In Zeiten von Ausgangssperre aufgrund der Coronakrise sei man gezwungen, so Longenecker, den Weg des heiligen Benedikt zu überdenken, der ein Weg der Einsamkeit und Isolierung war: Das Wort Mönch geht auf das griechische monachós (Einsiedler) zurück, dem monós (allein) zugrunde liegt. Viele Familien und alleinlebende Personen werden nun um ihrer selbst willen mit der Einsamkeit konfrontiert: Doch „Mönche und Nonnen leben die ‚Lockdown-Option‘ schon seit Jahrhunderten. Was könnten wir also aus ihrer beständigen Weisheit lernen, um unsere eigene Phase auferlegter Abgeschiedenheit zu veredeln?“, fragt Longenecker.

Lesen Sie auch:

Das ungestüme Tempo des übergeschäftigen Lebens zu drosseln

Als erstes sollte „uns unser Alleinsein uns zwingen, langsamer zu werden und das ungestüme Tempo unseres übergeschäftigen Lebens zu drosseln. Vielleicht gehen wir aus dieser tiefen Trübnis mit einem erneuerten Sinn für die Beständigkeit in Raum und Zeit hervor“. Statt viel zu reisen könnten wir dann auch zu Hause bleiben: „Dies ist die Benediktinische Weisheit des Gelübdes der Beständigkeit bzw. Ortsgebundenheit (stabilitas) - in Bezug auf ein Leben in einem Kloster an einem Ort“.

Das zweite benediktinische Gelübde ist das des Gehorsams (oboedientia): „Unsere erzwungene Abgeschiedenheit erfordert nicht nur Gehorsam dem staatlichen Gesetz oder dem Erlass des Bischofs, sondern auch dem Gemeinwohl gegenüber. Die Wurzel des Wortes oboedientia ist das lateinische obedire - Gehör schenken, hören auf. Vielleicht können wir in der Abgeschiedenheit uns mehr Zeit nehmen, aufmerksam zuzuhören – aber nicht einem weiteren Podcast oder Hörbuch, sondern lernen, auf die Stimme des Herrn zu hören. Mithilfe der Tugend des Gehorsams könnten wir auch ein gewandeltes Verständnis über die wahren Prioritäten im Leben entwickeln“, anstatt dem ständigen Drang nach immer mehr materiellen Besitztümer nachzugeben.

Das dritte und letzte benediktinische Gelübde ist das des klösterlichen Lebenswandels (conversatio morum) - ein Ruf, mein ganzes Leben zu wandeln: „Die Coronakrise könnte so zum Wendepunkt zu einer bedeutenden Umkehr im Hinblick auf den weltweiten moralischen und spirituellen Verfall werden“.

DT/ks

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe

Themen & Autoren
Redaktion Corona Pandemie Katholische Kirche Mönche

Weitere Artikel

Gerald war nicht nur Abt, er lebte auch als Einsiedler und war Gründer zahlreicher Klöster, die als wichtige Zentren der Evangelisierung im Frankreich des 12. Jahrhundert galten.
04.04.2024, 21 Uhr
Claudia Kock
Mit ihm stieg Rom zum Kulturzentrum auf: Unter anderem begründete Nikolaus V. die Vatikanische Bibliothek. 
06.03.2024, 05 Uhr
Christoph Münch

Kirche

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) ist ein Streit um das Pfarramt für Frauen entbrannt. Im äußersten Fall droht die Spaltung.
22.04.2024, 16 Uhr
Vorabmeldung