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Kardinal Woelki warnt vor Keimbahn-Eingriffen

Der Kölner Erzbischof ist besorgt, dass mit Gentechnologien wie CRISPR/Cas in Zukunft neue, modifizierte Spezies von Menschen erschaffen werden könnten. Auch die Kirchen und die Theologie sieht er in der Pflicht, gegenzusteuern.
Crispr/Cas9 Verfahren
Foto: Gregor Fischer (dpa) | Kardinal Woelki warnte auch vor einer „Klassifikation der natürlichen Menschen auf der einen Seite und der editierten auf der anderen“.
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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat vor Eingriffen in das menschliche Erbgut gewarnt. Bei aller Euphorie in der Genforschung dürfe nicht die „menschendienliche Perspektive“ verloren gehen, mahnte Woelki vor Medizinern und Universitätsprofessoren beim diesjährigen erzbischöflichen Ärzteempfang im Kölner Maternushaus. „Wohin driftet die Welt, wenn die Möglichkeiten menschlichen Könnens von den Dimensionen ethischer Verantwortung grundlegend abgekoppelt werden?“

Woelki fordert gesamtgesellschaftlichen Diskurs

Woelki plädierte für einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über die Möglichkeiten gentechnischer Eingriffe in die menschliche Keimbahn. Auch im Hinblick auf kommende Generationen seien diese nicht einfach hinnehmbar. Die Gefahr bestehe, die Menschenwürde aus dem Blick gerate. Diese sei allerdings, genauso wie das Lebensrecht, unantastbar.

Der Kölner Erzbischof warnte auch vor einer „Klassifikation der natürlichen Menschen auf der einen Seite und der editierten auf der anderen“. Damit nahm er Bezug auf die CRISPR/Cas-Technologie, mit der sich der genetische Code von Lebewesen auf molekularer Ebene bearbeiten und gezielt verändern lässt. Woelki zeigte sich besorgt, dass in Zukunft eine neue Spezies von Menschen erschaffen werden könnte, die etwa eine höhere Intelligenz oder Lebenserwartung aufweise.

Steigendes wirtschaftliches Interesse kann zur Gefahr werden

Auch das steigende wirtschaftliche Interesse an der Gentechnik könne zur Gefahr werden: „Es muss deutlich werden, dass ökonomische Gründe nicht hinreichen, um moralisch fragwürdige Forschungen zum Durchbruch zu verhelfen“, so Woelki. Einer „industriellen Verwertung des Menschen“ müsse man vorbeugen. Er selbst sei sich nicht sicher, ob sich die Gesellschaft in Deutschland auch weiterhin darauf verständige, dass bestimmte Forschungen am menschlichen Erbgut verboten blieben.

An dieser Stelle betonte Woelki die Rolle der Kirchen und der Christen im Allgemeinen. Diese müssten eine gesamtgesellschaftliche Diskussion anregen, auch wenn sie gegen Mehrheitspositionen gerichtet sei. Auch die Theologie könne zur Debatte beitragen, indem sie frage, was der Mensch sei. „Eben mehr als ein Zellkonglomerat oder eine Anhäufung von chemischen Basen.“

DT/mlu

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