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Kardinal Müller: Bischöfe dürfen Messen nicht verbieten

Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation übt scharfe Kritik an der Unterwerfung der katholischen Hierarchie unter die staatlichen Gottesdienstverbote.
Kardinal Müller: Bischöfe dürfen Messen nicht verbieten
Foto: Francesco Pistilli (KNA) | Kurienkardinal Müller: Bischöfe dürfen Messen nicht verbieten.

Kardinal Gerhard Müller hat sich entschieden gegen die Verbote von öffentlichen Gottesdiensten ausgesprochen. In einem Interview mit dem italienischen Online-Dienst „La Nuova Bussola Quotidiana“ erklärte er heute, dass die „Einstellung der Messen mit Volk“ für die Kirche „eine Entpflichtung von ihrem eigentlichen Auftrag“ darstelle, es sei „die Verkürzung der Kirche auf die Abhängigkeiten vom Staat“. Gerade in Zeiten wie der Corona-Tragödie habe die Kirche aber die Aufgabe, „eine Vision des Leidens und der menschlichen Existenz mit Blick auf das ewige Leben und im Licht des Glaubens“ zu bieten.

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Vor allem dann, so der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation weiter, wenn die kirchliche Hierarchie das Messverbot auch noch rechtfertige, sei das „eine schwerwiegende Sache“, es sei „das in die Kirche eingedrungene säkularisierte Denken“. Ein Aspekt sei es, „Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um das Ansteckungsrisiko zu senken. Eine andere Sache ist es, die Liturgie zu verbieten“. Mit Blick auf Italien, wo öffentliche Messfeiern, wenn überhaupt, erst zu Pfingsten wieder möglich sein sollte, meinte Müller: Einige Bischöfe hätten Priester gar für Gottesdienst mit wenigen Teilnehmern bestraft. „Das bedeutet, dass sie sich als Staatsbeamte wahrnehmen“, sagte er. „Aber unser oberster Hirte ist Jesus Christus, nicht Giuseppe Conte oder irgendein anderer Staatschef.“ Die Kirche sei keine Kundin des Staates. „Kein Bischof hat das Recht, die Eucharistie in dieser Weise zu verbieten.“ 

Messen im Fernsehen sind kein Ersatz

Zu den Übertragungen von Messen per Fernsehen und Live-Streams erklärte der Kardinal, dass „diese Formen nicht als ein Ersatz der Messen betrachtet werden können“. Jesus Christus, der Sohn Gottes, „hat Fleisch angenommen, wir glauben an die Auferstehung des Fleisches. Darum ist die körperliche Anwesenheit für uns absolut notwendig. Für uns, nicht für Gott. Nicht Gott braucht die Sakramente, wir sind es, die sie benötigen. Gott hat die Sakramente für uns eingesetzt. Die Ehe vollzieht sich nicht nur geistig, notwendig ist die Einheit von Körper und Seele. 

Wir sind keine platonischen Idealisten, man kann die Messe nicht zu Hause verfolgen, wenn nicht in ganz besonderen Notsituationen. Nein, man muss in die Kirche gehen, sich mit den anderen versammeln, das Wort Gottes verkünden. Auch der ganze Wortschatz der Kirche zeigt diese Notwendigkeit: die heilige Kommunion; Kommunion ist Zusammenkommen. So sagt der Psalm: Wie schön und gut ist es, dass die Brüder zusammen leben.“

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Eine „fürchterliche theologische Bildung“

Auf die Frage, was er davon halte, dass Bischöfe und Theologen von einer Überwertung der Eucharistie reden und davon, dass die Sonntagsmesse nicht notwendig sei, antwortete Kardinal Müller mit Verweis auf den argentinischen Bischof Victor Fernandez, „der sich rühmt, ein Ghostwriter von Papst Franziskus zu sein“: Wenn dieser behaupte, die Sonntagspflicht sei ein von der Kirche eingeführtes Gebot, sei das „ein anderes Beispiel für eine fürchterliche theologische Bildung“. Hier handele es sich um einen Angriff auf die Eucharistie, auf das Herz der Kirche. „Es reicht an die zu denken, die vor und während der Amazonas-Synode betonten, dass die indigenen Völker mit absoluter Notwendigkeit die Eucharistie bräuchten und es deswegen notwendig sei, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Jetzt behaupten dieselben Personen schamlos das Gegenteil, dass wir keine Eucharistie bräuchten.“ Sie würden wie die Protestanten denken, indem sie ignorierten, „dass am Ausgangspunkt der protestantischen Reformation ausgerechnet die Eucharistie der zentrale Punkt der Auseinandersetzung war“.

DT/gho

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