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Homosexuellen-Segnung oder Glaubensvertiefung?

Unterschiedliche Erwartungen an den Synodalen Weg verdeutlichen die Zerrissenheit des deutschen Episkopates. Droht ein Domino-Effekt, bei dem die Glaubensinhalte fallen?
Eröffnungsgottesdienst bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
Foto: Arne Dedert (dpa) | Gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) haben sich die deutschen Bischöfe auf den Synodalen Weg begeben.

Zum Ende des Jahres 2019 haben sich deutsche Bischöfe zu ihren Erwartungen an den Synodalen Weg geäußert und den Ruf nach Reformen bekräftigt. Dabei zeigen sich erneut tiefe theologische Gräben im deutschen Episkopat. Während die einen auf Veränderungen auch in lehramtlichen Fragen drängen, sehen andere in der Glaubenskrise die eigentliche Herausforderung der Kirche.

Der Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, erhofft sich vom Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland konkrete Schritte hin zur Weihe von Frauen zu Diakoninnen. Auch für Fragen um den Pflichtzölibat und um die Segnung von homosexuellen Paaren wünsche er sich Impulse. Das hob Bischof Bode in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) hervor. Auch für die Ökumene biete der Prozess neue Herausforderungen. 

Bode: Segnung homosexueller Paare zum Thema machen

Für Bode ist es ein wichtiges Anliegen, die Position der Frauen in allen Bereichen des kirchlichen Lebens zu stärken. Der Osnabrücker Bischof möchte sie weit mehr als bisher in gemeindliche und übergemeindliche Leitungsfunktionen eingebunden sehen. Sie sollten verantwortlich am Verkündigungsdienst der Kirche beteiligt werden. „Wenn wir dieses Gesamtpaket erreichen könnten, dann wird sich die Kultur von Männern und Frauen verändern und dann werden wir auch über theologische Fragen anders diskutieren“, hob der Bischof hervor. Beim Synodalen Weg leitet Bode das Frauenforum. 

Mit Blick auf die Diskussion moraltheologischer Fragen betonte der Osnabrücker Bischof, das Grundprinzip der Liebe solle der Maßstab sein für alle menschlichen Beziehungen bis hinein in Partnerschaft und Sexualität. „Wir sollten diesen Bereich positiver, menschennäher und lebensnäher angehen“, sagte Bode. Dann müsse auch eine Segnung und pastorale Begleitung von homosexuellen Paaren ein Thema sein. 

Maximalforderungen gefährden den Synodalen Weg

Der Bischof mahnte jedoch davor, den Synodalen Weg mit Maximalforderungen zu gefährden. Es sei nicht sinnvoll darauf zu bestehen, dass am Ende die Priesterweihe für Frauen erreicht sein müsse, oder umgekehrt, dass sich gar nichts ändern dürfe, betonte Bode. Neuerungen könnten nur schrittweise und bei weltkirchlichen Fragen im ständigen Kontakt mit Rom erreicht werden. Wohl aber könnten Teilkirchen der Weltkirche Anregungen geben, die zu Veränderungen führen könnten. Das habe die Amazonassynode mit ihrem Votum für die Priesterweihe verheirateter Männer gezeigt. Auch in Deutschland herrsche Priestermangel. Deshalb müsse überlegt werden, ob es hier verheiratete Männer geben könne, die den Dienst eines Priesters in einem Zivilberuf ausüben. 

Für die Ökumene sei der katholische Reformprozess eine neue Herausforderung, meinte der Osnabrücker Bischof. „Wir müssen uns noch bewusster werden, dass uns mehr eint, als trennt.“ Auch die Frage der Einheit der Kirche stelle sich dann neu. „Das finde ich sehr spannend.“

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Overbeck spricht von „Zeitenwende“

Der Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, rief zu einer breiten Beteiligung an der Reformdebatte über die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland auf. Auch wenn sich manche eine schnellere Debatte wünschten, gelte es in der „Zeitenwende“ beieinander zu bleiben und verschiedene Standpunkte auszuhalten, so der Bischof laut vorab verbreitetem Redeauszug in seiner Neujahrsbotschaft. Die Glaubwürdigkeit der Kirche und das Vertrauen in Bischöfe und Priester sei durch den Missbrauchsskandal erschüttert, hob Overbeck hervor. „Das Leid vieler Menschen schreit zum Himmel und beschämt uns.“ 

Bei dem von den Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) initiierten Synodalen Weg müsse deutlich werden, dass Kirche kein Selbstzweck sei, sondern dass sie den Menschen zu dienen habe. Sie müsse demütiger werden und könne sich nicht einrichten in dem, was angeblich ewig so bleiben müsse. Trotz absehbarer Verluste und einer drohenden Minderheit an Christen bleibe der Kern der kirchlichen Verkündigung bestehen, verdeutlichte der Bischof. Es gelte „treu zum Glauben zu stehen, Eucharistie und Gebet zu pflegen, Glaubensweitergabe zu versuchen, Caritas und die Sorge um die Menschen in Not zu leben und dadurch eine glaubwürdige Gemeinschaft zu sein“.

Kohlgraf: Gemeinsam Wege finden

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sieht es als Aufgabe des Reformdialoges an, „gemeinsame Wege“ zwischen Kirchenvertretern und Laienkatholiken zu finden. Das sagte Bischof am Wochenende im SWR-Fernsehen. Im Moment rede man in der Kirche zu oft übereinander nach dem Motto „die da oben, die da unten“. Auf dem Synodalen Weg gehe es jetzt darum, „gemeinsame Wege zu finden“. In der Sendung „SWR Aktuell Rheinland-Pfalz“ sagte der Bischof weiter: „Wenn wir da weiter kommen, dann haben wir auch über den Synodalen Weg hinaus gute Fortschritte gemacht.

Bereits an Weihnachten hatte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, die Folgen der Glaubenskrise für die Diskussionen des Synodalen Weges thematisiert. In seiner Festpredigt hatte Voderholzer an den Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland vom Juni dieses Jahres erinnert. Mit Blick auf den Synodalen Weg habe der Papst von einer elementaren Krise des Glaubens in unserem Land gesprochen. Diese Krise sei vermutlich zuallererst eine Krise des Christusglaubens, „eine Krise des Glaubens in Bezug auf die Inkarnation, also in Bezug darauf, wer Jesus Christus wirklich ist“, betonte der Bischof.

Voderholzer warnt vor Domino-Effekt, bei dem alle weiteren Glaubensinhalte fallen

„Die Unsicherheit und Unbestimmtheit in Bezug auf das zentrale Bekenntnis von Weihnachten, das Schwachwerden des Inkarnationsglaubens hat enorme Folgen für die übrigen Glaubensinhalte, gerade auch für die, über die jetzt beim so genannten Synodalen Weg gesprochen werden sollen“, mahnte Voderholzer. Wie in einem Domino-Effekt würden alle weiteren Glaubensinhalte fallen, wenn das zentrale Geheimnis der Inkarnation nicht mehr erfasst werde.

Wenn Jesus letztlich nur ein Mensch gewesen sei, wie jeder andere, dann könne auch die Kirche nicht mehr als ein sakramentaler Organismus, nämlich als Leib Christi, wahrgenommen werden. Kirche werde so zu einer soziologischen Organisation wie viele andere gesellschaftliche Institutionen auch. Dabei bestehe die große Gefahr, dass die Kirche nur noch als ein Verwaltungsapparat erscheine, wie ein Skelett ohne Fleisch daherkommt und verständlicherweise statt Hoffnung und Zuversicht zu wecken eher Angst auslöse. „Unser christliche Glaube aber steht und fällt mit der Überzeugung, dass der menschgewordene, für uns am Kreuz gestorbene und auferstandene Christus der Herr seiner Kirche ist, dass er in der Kraft seines Geistes in ihr gegenwärtig bleibt und sie zu seinem sakramentalen Leib macht“, betonte Voderholzer. Wo dieser Glaube schwinde, da schwinde auch das Bewusstsein für die sakramentale Struktur der Kirche, für die Bedeutung der Eucharistie, für das Weihepriesterum oder die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen.

Der Synodale Weg hat am 1. Dezember begonnen. Die eigentliche inhaltliche Arbeit startet mit der ersten Synodalversammlung vom 30. Januar bis 1. Februar in Frankfurt am Main mit mehr als 200 Mitgliedern. Schwerpunktthemen des Synodalen Weges sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.

DT/KNA/epd

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