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Emeritierter Nuntius zweifelt am „Synodalen Weg“

„Erschrocken“ über das Niveau der heutigen innerkirchlichen Diskussion zeigt sich Erzbischof Erwin Josef Ender. Strukturreformen würden die Entfremdung der Menschen von Gott nicht aufhalten, wenn sie nicht bei den Fundamenten des Glaubens beginnen.
Zweifel am "Synodalen Weg"
Foto: Danny Lawson (PA Wire) | Die Hirten müssten den fliehenden Menschen nachzulaufen, „nicht um sie auf Irrwegen zu bestätigen, sondern um sie zur Umkehr und Rückkehr zu bewegen“, so Erzbischof Ender.

Der emeritierte Apostolische Nuntius Erwin Josef Ender äußert deutliche Bedenken zum „Synodalen Weg“. Nach der Lektüre der Entwürfe für die vier Foren des bevorstehenden kirchlichen Reformprozesses  sei er „erschrocken, auf welchem Niveau sich die heutige Diskussion bewegt“, schreibt der Erzbischof in einem Gastbeitrag für die „Tagespost“. „Schrift und Tradition scheinen von der sogenannten ,modernen' Theologie und den Humanwissenschaften weitgehend verdrängt und durch diese ersetzt zu werden.“

"Umbruch" wie zur Zeit der Reformation

Wenn man manchen Meldungen in den Medien glauben schenke, so Ender, der von 2003 bis 2007 Apostolischer Nuntius in Deutschland war, stehe ein „Umbruch“ wie zur Zeit der Reformation bevor. Man wolle die Kirche neu erfinden. Der Entwurf für das Forum zur Sexualität erinnere ihn an den Ausspruch eines hohen Vertreters des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Sinngemäß habe dieser gesagt: „Rom solle für einige Zeit mal schweigen; wir werden dann schon eine akzeptable Sexualmoral zustande bringen.“

Mit Verwunderung stelle er fest, dass in der angeregten Diskussion um den „Synodalen Weg“ kaum jemand auch mal eine andere Erklärung für die Entfremdung zwischen dem heutigen Menschen und der Kirche ins Gespräch bringt: „Dass nämlich nicht Gott und die Kirche sich vom Menschen entfernt haben, sondern umgekehrt sich die Menschen von Gott und der Kirche entfernt haben und sich weiter entfremden.“ Immer mehr Menschen würden leben, als wenn es Gott nicht gäbe.

Den Aufruf zur Bekehrung hört man kaum noch

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Die vorrangige Aufgabe der Hirten der Kirche sei es jedoch, das „Rufen und Suchen Gottes nach den Flüchtenden und Irrenden auch in der Kirche und der Welt von heute hörbar und wahrnehmbar zu machen“. Sie müssten den fliehenden Menschen nachzulaufen, „nicht um sie auf Irrwegen zu bestätigen, sondern um sie zur Umkehr und Rückkehr zu bewegen“. Den Aufruf zur Bekehrung, stellt der 82-Jährige fest, höre man heute jedoch kaum oder gar nicht mehr.

Auch noch so gut gemeinte „Strukturreformen“ würden diesen „herabsetzenden und destruktiven Umgang mit der Kirche“ nicht zu heilen vermögen, wenn Reformbemühungen nicht bei den Fundamenten des Glaubens beginnen, meint Ender weiter. „Wem Christus nichts mehr bedeutet und zu sagen hat, wird auch auf die Kirche leicht verzichten und seine eigenen Wege gehen.“ Die Verkündigung der frohen Botschaft und ein gelebtes Glaubenszeugnis, „eine überzeugende Evangelisierung in Wort und Tat“, seien der einzige Weg in die Herzen der Menschen.

DT/mlu

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