„Kann ein erwachsener Mann, der Priester werden will, auf Dauer auf seine männliche Sexualität verzichten?“ fragt Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz. „Wer mutet sich das zu?“ Die Antwort, die auf der Hand liege: „Es ist im Grunde der wirkliche Wunsch, den Lebensstil Jesu noch einmal nachzuleben. Christus war unverheiratet“, erklärt die Religionsphilosophin im Interview mit der Medienakademie für katholische Apologetik (MAKA).
Dem Heiligen näherkommen
Der Zölibat bedeute zunächst einmal, auf einen Trieb zu verzichten, der „zutiefst eingeschrieben“ sei. Das sei zu verstehen als ein „Verzichten auf das eigene Fleisch im Sinne eines Fluges der Seele, das heißt, das Näherkommen zum Heiligen. Die Bewegung auf das Heilige hin, das ist ein Wunsch.“
Das Ziel sei, „die ganze Existenz, meinen Leib, meine Seele, mein Wollen, auf Christus zu werfen“, so Gerl-Falkovitz. Es handele sich um einen Ent-Wurf, der dann Bestand, habe, wenn Christus als Ziel nicht nur in der unmittelbaren Gegenwart erwartet werde, sondern wenn „letztlich das Dasein sich über unsere Existenz hinaus spannt in eine Zukunft. Wir nennen das theologisch den Advent Christi.“
In dem Wunsch, zu Christus zu gehören, „wirft der Priester seine ganze Erwartung auf diesem Spannungsbogen hinüber. Das heißt Christus fängt diesen Wurf auf.“ In diesem Punkt lebe der Priester ein adventliches Leben. „Der Priester muss aus einer Spannung heraus leben, aus einer Liebe zu Christus.“
DT/mlu
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