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Der Libanon gehört den Libanesen

Über jede Politik hinaus war der Tag des Gebets für den Frieden im Nahen Osten mit dem Papst in Rom vor allem ein Appell an die christlichen Kirchen, in Solidarität und Geschwisterlichkeit zusammenzuwachsen.
Papst trifft christliche Kirchenvertreter aus Libanon
Foto: Gregorio Borgia (AP) | Ignatius Ephräm II. Karim (2.v.l), Aram I. Keshishian (3.v.l), Papst Franziskus (M), Bechara Pierre Kardinal Rai (3.v.r) und Ignatius Joseph III. Younan (r) auf dem Weg zum Gebet für den Libanon im Petersdom.

Das ökumenische Friedensgebet für den Libanon im Petersdom von gestern Abend war ein bewegender Augenblick. Nicht so sehr für die Welt. Selbst in den italienischen Medien fand die Zusammenkunft von Papst Franziskus mit den geistlichen Oberhäuptern der christlichen Kirchen und Gemeinschaften im gemarterten Land der Zedern nur auf den hinteren Rängen statt. Aber es war genau ein Treffen von der Art, wie es die Ökumene braucht. Einen ganzen Tag hatte sich der Papst für seine Gäste Zeit genommen. Angefangen vom Empfang morgens in Santa Marta und einem gemeinsamen Gebet am Petrusgrab, dem gemeinsamen Mittagessen, bis hin zu der schlicht gehaltenen Liturgie auf Italienisch, Arabisch und Englisch am frühen Abend in der Apsis der Petersbasilika, bei der auch Gäste, viele von ihnen Libanesen, anwesend waren. 

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Gekommen waren der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Boutros Rai und der Patriarch der syrisch-katholischen Kirche von Antiochien, Ignatius Youssef III. Younan. Zudem der griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien, Youhanna X., der Patriarch der melkitischen griechisch-katholischen Kirche, Youssef Absi, und der armenische apostolische Katholikos Aram I. Der syrisch-orthodoxe Patriarch Ignatius Aphrem II. war ebenso dabei wie Joseph Kassabhas, Präsident des Obersten Rates der evangelischen Gemeinschaft in Syrien und im Libanon oder der chaldäische Bischöfe Michel Kassarji und der Apostolische Vikar von Beirut, Cesar Essayan.

Verpasste Chancen der vollen Einheit

Und es waren nicht die aufrüttelnden Worte des Papstes, die dem Friedensgebet eine bloß politische Stoßrichtung gaben. Etwa als Franziskus sagte, es müsse Schluss damit sein, „den Libanon und den Nahen Osten für fremde Interessen und Profite zu benutzen!“ Und es tue not, „den Libanesen die Möglichkeit zu geben, in ihrem Land ohne ungebührliche Einmischungen Akteure einer besseren Zukunft zu sein“. Es war dann doch ein sehr geistliches Ereignis, dass auch in ökumenischer Hinsicht den Finger auf die Wunde legte, indem die dort Versammelten mit den Worten des Papstes „die Fehler, die wir begangen haben“, deutlich sahen, „die verpassten Chancen auf dem Weg der Geschwisterlichkeit, der Versöhnung und der vollen Einheit“.

Ein Dialog der Liebe, der zur Wahrheit führt

Kardinal Kurt Koch, der Präsident des vatikanischen Einheitsrats, hört nicht auf, daran zu erinnern, dass Ökumene kein politischer Prozess ist, sondern die Einheit der Kirche des Ostens und Westens einen „Dialog der Liebe“ braucht. Solche Dialoge, so Koch, würden „den unabdingbaren Lebensraum“ bilden, in dem dann auch der Dialog der Wahrheit gedeihen könne, nämlich die theologische Bearbeitung der von der Vergangenheit her strittigen Fragen, die zur Spaltung der Christen geführt hätten. Genau das war der Tag des ökumenischen Friedensgebets für den Libanon, den Franziskus bald besuchen möchte. Er war Ausdruck jenes „Dialogs der Liebe“ und der christlichen Solidarität, der dann auch zur Einheit in der Wahrheit führt.

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