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Causa Chur: Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Mit der heute bekanntgemachten Ernennung von Joseph Bonnemain zum Churer Bischof will Rom Zeit gewinnen, hat aber de facto auch eine Richtungsentscheidung getroffen.
Joseph M. Bonnemain
Foto: Jürg Waldmeier | Papst Franziskus hat Joseph M. Bonnemain, Delegierter des Apostolischen Administrators und Offizial der Diözese Chur, zum neuen Bischof von Chur ernannt.

Chur hat einen neuen Bischof – und die Probleme in dem deutschschweizer Bistum gehen weiter. Mit dem Opus-Dei-Mann Joseph Bonnemain hat der Papst anders als mitunter spekuliert an der ursprünglich vorgelegten Liste festgehalten und keinen neuen Kandidaten aus dem Hut gezaubert. Rom demonstrierte, wer Koch und wer Kellner ist. Offizial Bonnemain – oberster Kirchenrichter des Bistums - stand bereits auf der römischen Dreierliste, die das wahlberechtigte Domkapitel im November mit knapper Mehrheit spektakulär abgelehnt hatte.

Für konservative Kapitelsmehrheit unannehmbar

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Für die konservative Kapitelsmehrheit war Bonnemain unannehmbar, weil er für einen auf Ausgleich bedachten Kurs mit den ultra-progressiven, die Finanzen kontrollierenden Laienstrukturen in der Diözese steht. Er hatte sich von einem dezidierten Kritiker der sogenannten landeskirchlichen Strukturen zu einem Befürworter gewandelt. Nirgends aber erfuhren die sich verselbstständigenden Gremien mehr Widerstand als im Bistum Chur unter den Bischöfen Haas und Huonder. Auch der Apostolische Administrator Bürcher wahrte die an Kirchenlehre und Weltkirche orientierte Linie des Bistums. 

Mit Bonnemain wird es zweifellos einen konservativen Aderlass geben. Wichtige, den widerständigen Kurs prägende Mitarbeiter werden von Bord gehen – ob freiwillig oder nicht. Eine Richtungsentscheidung ist die Ernennung also in jedem Fall. Sicher, wenn Bonnemain nach Kirchenrecht in drei Jahren anlässlich seines 75. Geburtstages dem Papst seinen Rücktritt einreichen wird, können die Karten neu gemischt werden. Rom will mit der Ernennung Bonnemains in der Causa Chur offensichtlich Zeit gewinnen und hofft, dass sich in dem polarisierten Bistum in den nächsten Jahren die Wogen glätten. Man muss im Vatikan aber sehen: In Chur geht es anders als in vielen Medien oft kolportiert um einen tiefgehenden Richtungskonflikt, nicht um vermeintliche oder tatsächliche charakterliche Mängel der handelnden Personen. 

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Lesen Sie mehr zu den Hintergründen im Richtungsstreit des Bistums Chur in der kommenden Ausgabe der „Tagespost“.

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Oliver Maksan

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28.03.2024, 21 Uhr
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