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Bischof Timmerevers: Enttäuscht von Klarstellung der Glaubenskongregation

Das Schreiben der römischen Glaubenskongregation zur Segnungsfrage homosexueller Paare zeige keine Weiterentwicklung aufgrund heutiger humanwissenschaftlicher Erkenntnisse und gegenwärtiger pastoraler Notwendigkeiten, kritisiert der Dresdner Bischof.
Debatte um Vatikan-Klarstellung zur Segnung homosexueller Paare
Foto: Peter Steffen (dpa) | Der Aachener Bischof Dieser hob hervor, dass die Stellungnahme der Glaubenskongregation "wichtige positive Einschätzungen zur Lebenswirklichkeit homosexueller Menschen" beinhalte.

Nach dem „Nein“ der römischen Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare haben weitere deutsche Bischöfe mit Kritik reagiert.  Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers erklärte auf Anfrage der „Katholischen Nachrichten-Agentur“ (KNA), die Absage sei für ihn enttäuschend. „Dieses Schreiben gibt die augenblickliche katholische Lehre wieder und zeigt keine Weiterentwicklung aufgrund heutiger humanwissenschaftlicher Erkenntnisse und gegenwärtiger pastoraler Notwendigkeiten“, so Timmerevers wörtlich.

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Timmerevers: Thema noch nicht beendet

Gleichzeitig betonte Timmerevers, dass das Thema der Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren mit der jüngsten Klarstellung des Vatikans noch nicht beendet sei. Er erhoffe sich eine Fortschreibung und Neupositionierung aufgrund der Äußerungen des Papstes in seinem 2016 veröffentlichten Lehrschreiben „Amoris laetitia“. „Dort wünscht der Papst, dass in der Kirche pastorale Ausgrenzungen zu überwinden und die Menschen seelsorglich zu begleiten und zu integrieren sind. Das sollte nicht nur ein Wunsch bleiben, sondern auch erlebbar werden“, meinte Timmerevers, der sich bereits zuvor mehrmals für eine Segnung homosexueller Paare augesprochen hatte.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf schrieb in einer Stellungnahme zur Klarstellung der Glaubenskongregation, er nehme wahr, „wie viele gläubige Menschen dadurch enttäuscht und verletzt sind, keineswegs nur unmittelbar Betroffene“. Diese Enttäuschung nehme er sehr ernst. Er sehe die Entscheidung aber auch als „Auftrag und Ansporn“, um im Bistum Mainz verstärkt seelsorgliche Angebote und Konzepte für und gemeinsam mit homosexuellen Menschen zu entwickeln.

Kohlgraf: Begleiten statt zu urteilen

Kohlgraf verwies auch auf einen Beitrag, den er bereits im Februar für die Mainzer Kirchenzeitung „Glaube und Leben“ verfasst hatte. Darin plädierte der Mainzer Bischof zwar nicht für eine Segensform gleichgeschlechtlicher Paare, die einer Trauung ähnlich sei. Kohlgraf damals wörtlich: „Aber ich plädiere für eine Begleitung – anstatt zu urteilen. Und ich plädiere dafür, mit den ,nicht wenigen' (Katechismus!) Betroffenen zu reden – und nicht über sie – und bei ihnen zu bleiben.“

Die römische Kongregation für die Glaubenslehre hatte am Montag bekräftigt, dass die Kirche nicht die Vollmacht habe, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Dies ging aus einem Antwortschreiben auf ein vorgelegtes „Dubium“ hervor, das die Glaubenskongregation am Montag veröffentlichte.

Indes nahm auch das Forums „Leben in gelingenden Beziehungen - Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland zur Note der Glaubenskongregation Stellung. Die Lehre der Kirche sei im Dialog mit der Lebenswirklichkeit der Menschen und den Einsichten der Humanwissenschaften weiterzuentwickeln, so der Aachener Bischof Helmut Dieser und Birgit Mock, die dem Forum vorstehen.

"Ganz überwiegend dynamische Begrifflichkeiten"

Man werde den „römischen Zwischenruf eingehend diskutieren“. Man sei sich einig, dass das Dokument „ganz überwiegend dynamische Begrifflichkeiten“ vorweise, was „auch auf eine mögliche Weiterentwicklung der Lehre der Kirche hoffen“ lasse. „Dieser geistlichen Übung fühlen wir uns im Synodalen Weg verpflichtet“, so Dieser und Mock. Bischof Dieser hob hervor, dass die Stellungnahme der Glaubenskongregation „wichtige positive Einschätzungen zur Lebenswirklichkeit homosexueller Menschen“ beinhalte.

Das Forum diskutiere die gewichtige Frage, wie „homosexuelle Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit die Nachfolge Christi verwirklichen“ könnten. Dazu fordere die römische Stellungnahme auch ausdrücklich auf: „Es gehe darum, homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums aufzuweisen, so dass sie frei und verantwortungsbewusst die eigene Taufberufung annehmen könnten.“ Dabei werde sogar Verständnis für den Wunsch nach einer Segnung einer homosexuellen Verbindung angedeutet, auch wenn dies „auf dem Stand der heutigen Lehrentwicklung strikt abgelehnt“ werde, so Dieser.      

KDFB-Vizepräsidentin will zeitgemäße Auslegung der Bibel

Mock, die auch familienpolitische Sprecherin des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) ist, betonte hingegen den Auftrag des Synodalforums, die Sexuallehre der Kirche „vor dem Hintergrund der heutigen Zeit neu zu bewerten“. Dazu gehöre eine zeitgemäße Auslegung der Heiligen Schrift, der Tradition und des Lehramts. Ebenso speisten sich die Überlegungen aus aktuellen theologischen und humanwissenschaftlichen Erkenntnissen sowie dem Glaubenssinn der Gläubigen, erklärte Mock.

Und weiter: „Wenn wir über Menschen und deren vielfältige Beziehungen sprechen, dann müssen wir die Person um ihrer Person willen würdigen. Dabei ist es nicht möglich, die Sexualität einer Person außen vor zu lassen. Sie gehört untrennbar zur Identität eines jeden von uns hinzu. Das gilt auch, wenn Menschen ihre Sexualität verantwortungsvoll und unter unbedingter Achtung der Würde des/der anderen in Beziehungen leben. So heißt unser Forum: ‚Leben in gelingenden Beziehungen‘. Dazu zählen nicht nur Beziehungen zwischen Frau und Mann in einer sakramental geschlossenen Ehe, sondern auch in Liebe, Treue und Verantwortung gelebte gleichgeschlechtliche Beziehungen. Segen ist unverfügbar, das ist richtig. Wir sollten es daher nicht verpassen, in der Liebe dieser Paare Fundstätten Gottes zu erkennen.“  DT/mlu/ska

Eine umfassende Berichterstattung zur Antwort auf eine Dubia zur Segnung homosexueller Partnerschaften und den Reaktionen darauf lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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