Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischöfe Georg Bätzing, stellte die Enzyklika vor. Gemeinsam mit Ursula Nothelle-Wildfeuer vom Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre an der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg erläuterte Bischof Bätzing den Text und die theologischen Grundaussagen im Rahmen einer Pressekonferenz im Bischofshaus von Limburg.
Ein religiöser Akt
Franziskus stärke mit der Enzyklika die vier Prinzipien der kath. Soziallehre, Personalität, Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl, betonte Bischof Bätzing bei der Vorstellung der Enzyklika im Rahmen einer Pressekonferenz im Bischofshaus in Limburg. Obwohl immer von eine Corona- Enzyklika geredet werde, sei der Horizont der Pandemie weit überschritten, wiewohl die Krise die Enzyklika deutlich geprägt habe.
Bätzing lobte das Plädoyer für die Integration derFlüchtlinge. Als Novum bezeichnete der Bischöfe, dass der Papst als Impulsgeber für die Enzyklika einen islamischen Religionsführer genannt habe. Deutlich lobte der Vorsitzende der DBK die Friedensethik des Papstes, die eine sehr differenzierte Sichtweise aufweise. Es müsse dem Papst zu Folge die Aufarbeitung historischer Konflikte immer einbezogen werden. Das Abfassen der Enzyklika bezeichnete Bätzing als religiösen Akt. Der Papst schließe deshalb mit zwei Gebeten. Der Papst sehe, so der Bischöfe, die Brüderlichkeit aller Menschen als Ausdruck eines religiösen Aktes.
Entscheidender Beitrag
Es gehe Papst Franziskus darum, so Ursula Nothelle-Wildfeuer, dass die gleiche Würde jedes einzelnen und aller Menschen tatsächlich anerkannt werde. Der Blick auf die Realität führe ihn zu dem Schluss, dass die Menschenrechte wohl „tatsächlich […] nicht für alle gleich gelten“ und die Notwendigkeit, das Individuelle, die jeweils eigene Identität jedes und jeder Einzelnen anzuerkennen und eben nicht einer Einheitsgesellschaft das Wort zu reden. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass in der gesamten Enzyklika der Begriff der Barmherzigkeit, der durchaus als bisheriger Leitbegriff des Pontifikats von Papst Franziskus gelten kann, keine konzeptionelle Rolle spiele.
Immer neue Debatte
Mit Wissen um die immer wieder neu geführte Debatte, ob die Kirche mit ihrer Soziallehre sich denn überhaupt in den Bereich der Politik und der Wirtschaft einmischen solle und dürfe, so die Sozialwissenschaftlerin, formuliere der Papst sehr pointiert seine Antwort darauf: Für ihn sei klar, dass die Kirche selbstverständlich die Autonomie der Kultursachbereiche akzeptiere aber zugleich „ihre eigene Mission (sich) nicht auf den privaten Bereich“ (Nr. 276) beschränke. Es gehe dem Papst nicht darum, Politik zu machen, wohl aber den genuin eigenen Auftrag zu realisieren, nämlich „ständige Aufmerksamkeit für das Gemeinwohl und die Sorge um eine ganzheitliche menschliche Entwicklung“ zu entfalten.
Vermissen lasse die Enzyklika die sonst in Franziskus Ponitfikat übliche Verbindung zwischen Ethik und Ekklesiologie. Die Enzyklika leiste hingegen, so die Wissenschaftlerin, einen entscheidenden Beitrag zu dem bewegenden Thema der gegenwärtigen Zeit, nämlich zu der Frage, in welcher Gesellschaft wir hier und weltweit leben wollen und wie bzw. nach welchen Grundsätzen wir eine gerechtere Gesellschaft für die Zukunft jetzt mitgestalten können. DT/pwi
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