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Steirer als Bischof in Tirol

Grazer Künstlerpfarrer Hermann Glettler zum neuen Hirten von Innsbruck ernannt. Von Stephan Baier

Graz (DT) Papst Franziskus hat den als „Künstlerpfarrer“ überregional bekannten Grazer Bischofsvikar Hermann Glettler zum Bischof von Innsbruck ernannt. Wie seit Jahrzehnten, so sickerte auch in diesem Fall die Ernennung vorab durch und machte bereits am vergangenen Freitag Schlagzeilen. Laut Konkordat muss vor einer Bischofsernennung in Österreich die Bundesregierung informiert werden – offenbar ein Garant für Indiskretionen. Ihr Placet gab die Regierung am Dienstag im Rundlaufverfahren, da der Ministerrat wegen des Wahlkampfs nicht mehr zusammentritt.

Glettler, der sich im multiethnischen Grazer Bezirk Gries durch mutige Integrationsinitiativen, aber auch als moderner Künstler einen Namen gemacht hat, war bereits bei der Bischofsbestellung in seiner steirischen Heimatdiözese 2015 einer der Favoriten. Nachdem der Grazer Weihbischof Franz Lackner als Erzbischof nach Salzburg berufen wurde, gehörte Glettler zu den heißen Kandidaten für die Nachfolge von Bischof Egon Kapellari. Roms Wahl fiel damals auf Wilhelm Krautwaschl, der Glettler jedoch rasch zu neuen Würden berief: zum Bischofsvikar für Caritas und diakonale Dienste sowie für Evangelisation und neue missionarische Initiativen.

In der Diözese Innsbruck, die geografisch Osttirol und zwei Drittel von Nordtirol umfasst, schienen gleichwohl manche überrascht worden zu sein. Die „Tiroler Tageszeitung“ titelte leicht beleidigt: „Rom entscheidet gegen Tirol“ und kritisierte, die Diözese Innsbruck erhalte nun „den dritten Bischof von außen“. Auf den waschechten Tiroler Reinhold Stecher folgten der Steirer Alois Kothgasser und der Oberösterreicher Manfred Scheuer. Seit Scheuer im November 2015 zum Diözesanbischof von Linz ernannt wurde, wartet die Tiroler Diözese auf eine Nachbesetzung. Da hatten viele offenbar mit einer heimischen Beförderung gerechnet, laut „Tiroler Tageszeitung“ etwa mit dem aktuellen Diözesanadministrator Jakob Bürgler, dessen Bruder Bernhard Bürgler oder dem Regens des Priesterseminars, Roland Buemberger. Schwer nachzuvollziehen sind Mutmaßungen der Zeitung, in der Causa Innsbruck habe es „heftige Differenzen“ zwischen Papst Franziskus und seiner Bischofskongregation gegeben.

Das Ergebnis ist jedenfalls die Ernennung von Hermann Glettler. Der 52-jährige Steirer gehört der Gemeinschaft Emmanuel an, die er 1983 bei seiner Maturareise im französischen Paray le Monial kennenlernte. Glettler studierte Theologie und Kunstgeschichte in Graz, Tübingen und München, bevor er 1991 zum Priester geweiht wurde. 17 Jahre lang war er Pfarrer in Graz-St. Andrä, wo er mit seinem interreligiösen Engagement und mit seiner Seelsorge für sozial Benachteiligte, Fremdsprachige und Flüchtlinge zur stadtbekannten Größe wurde. Die von afrikanischer Fröhlichkeit geprägten Gottesdienste der African Catholic Community sind weithin bekannt. Auffallend war auch das eigenständige künstlerische Wirken Glettlers sowie dessen Kunstförderung. Die St. Andrä-Kirche ließ er als Pfarrer von modernen Künstlern innen und außen umgestalten. „Die historische Grazer Andräkirche aus dem 17. Jahrhundert hat eine außerordentliche, ja ziemlich provokante Außenhaut, die Vorübergehende nicht achtlos vorbeiziehen lässt. Sie provoziert im neuen Outfit buchstäblich eine Kommunikation“, beschrieb Glettler, der bewusst „kleinbürgerliche Wohlbefindlichkeitsideale“ stört, seine Absichten.

An seiner neuen Wirkungsstätte muss er wohl zunächst bereits irritierte „kleinbürgerliche Wohlbefindlichkeitsideale“ heilen: In der Diözese Innsbruck waren viele über die ungewöhnlich lange Sedisvakanz erbost, wie nun offenbar einige den Tiroler Diözesanklerus bei der Bischofsbestellung übergangen wähnen. Mit 290 Pfarreien und 385 000 Katholiken ist die Diözese Innsbruck viel kleiner als Glettlers Heimatdiözese Graz-Seckau. Obgleich die Christianisierung Tirols bereits im 5. Jahrhundert begann, ist die Diözese recht jung. Das Gebiet gehörte nämlich lange zu den Diözesen Salzburg, Brixen und Trient. Als nach dem Ersten Weltkrieg Tirol künstlich geteilt und der Süden Italien zugeschlagen wurde, wurde aus seelsorglichen Motiven 1921 die Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch in Abhängigkeit von Brixen errichtet und vier Jahre später ganz dem Heiligen Stuhl unterstellt. Erst 1964 erhob Papst Paul VI. die Administratur zur Diözese Innsbruck. 1968 trennte der Papst das Vorarlberger Gebiet davon ab und schuf die neue Diözese Feldkirch. Von 1981 bis 1997 leitete Bischof Reinhold Stecher die Diözese Innsbruck, anschließend der Salesianer Alois Kothgasser, der 2002 zum Erzbischof von Salzburg gewählt wurde. Auf ihn folgte der Oberösterreicher Manfred Scheuer, welcher im Januar 2016 in Linz ins Amt eingeführt wurde. Mit der Bischofsweihe von Hermann Glettler in Innsbruck wird in der Tiroler Diözese eine mehr als 20 Monate währende Sedisvakanz zu Ende gehen.

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