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Pizzaballa: Lebensbedingungen der Christen im Heiligen Land erschwert

Keine Gebietsansprüche, keine uneingeschränkte Gewissensfreiheit, und eine schleichende Abwanderung: Der Alltag für Christen im Heiligen Land gestaltet sich schwierig, meint der Leiter des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa.
Erzbischof Pizzaballa zur Lage der Christen im Heiligen Land
Foto: epa Jim Hollander (EPA) | Die Verlegung der amerikanischen Botschaft sieht Pizzaballa als eine politische Sackgasse. "Alle Fragen, die Jerusalem betreffen und nicht beide Seiten – Israelis und Palästinenser – einbeziehen, sorgen für einen ...

Der Apostolische Administrator des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa hat über den schwierigen Alltag der Christen im Heiligen Land gesprochen. „Die Lebensbedingungen sind erschwert“, erklärte Pizzaballa im Gespräch mit dem internationalen päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“. Als Beispiel nannte er die Arbeits- oder Wohnungssuche. Die Christen, so Pizzaballa weiter, seien kein „drittes Volk“, sondern gehörten zu dem Volk, in dem sie lebten. „Wir haben als Christen keine Gebietsansprüche.“

Differenzieren zwischen Religions- und Gewissensfreiheit

Was die Religionsfreiheit für Christen im Heiligen Land angehe, müsse man differenzieren. „Die Freiheit der Religionsausübung ist eine Sache, die Gewissensfreiheit eine andere.“ Die Freiheit der Religionsausübung sei gegeben, so der Leiter des Lateinischen Patriarchats. „Die Christen könnten ihre Gottesdienste feiern und ihr Gemeindeleben gestalten.“ Gewissensfreiheit aber bedeute, dass jeder Gläubige sich frei ausdrücken könne und dass sich Angehörige anderer Religionen frei entscheiden könnten, wenn sie Christen werden möchten. „Da wird es sehr viel komplizierter.“

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Auf die Frage, wie er die von US-Präsident Donald Trump initiierte Verlegung der amerikanischen Botschaft nach Jerusalem einschätze, antwortete Pizzaballa: „Im Alltag hat sich erst einmal nicht viel verändert. Dennoch ist die Verlegung der amerikanischen Botschaft eine politische Sackgasse. Alle Fragen, die Jerusalem betreffen und nicht beide Seiten – Israelis und Palästinenser – einbeziehen, sorgen für einen tiefen Riss auf politischer Ebene.“  Nach der Verlegung der amerikanischen Botschaft hätten die Palästinenser jede Verbindung zur amerikanischen Regierung abgebrochen und die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensergebieten, die ohnehin nur schleppend verliefen, ganz zum Erliegen gebracht.

Abwanderung von Christen ist "stetiges Tröpfeln"

Sorge bereitet dem Leiter des Lateinischen Patriarchats auch die Abwanderung von Christen aus dem Heiligen Land. Diese sei zwar kein Massenphänomen, aber ein „stetiges Tröpfeln“. Da die Christen nur ein Prozent der Bevölkerung ausmachten, könne man zwar nicht verlangen, dasselbe politische Gewicht zu haben wie andere Gruppen. „Nun hat die Kirche aber natürlich starke weltweite Beziehungen. Hinzu kommen die Millionen christlichen Pilger aus aller Welt. Dadurch ist die Kirche im Heiligen Land sehr viel sichtbarer, als es die Zahlen vermuten lassen.“

Die Aufgabe der Kirche sieht Pizzaballa darin, den Menschen zu vermitteln, dass es eine christliche Art gebe, im Heiligen Land zu leben. Im Augenblick sei zwar nicht die Zeit für große Gesten, aber „die Kirche muss versuchen kleine Verbindungen herzustellen, kleine Brücken zu bauen“.

DT/mlu

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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