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Papst: Wir stehen vor dem Geheimnis des Bösen

Mit einer Ansprache von Franziskus endet der Kinderschutz-Gipfel in Rom. Konkrete Ergebnisse werden noch folgen. Von Guido Horst
Gipfeltreffen zum Thema Missbrauch mit Papst Franziskus
Foto: Vincenzo Pinto (AFP) | Gipfeltreffen zum Thema Missbrauch mit Papst Franziskus.

Die konkreten Ergebnisse werden wohl erst nach dem Bischofs-Gipfel im Vatikan zum Kinderschutz kommen: Es soll ein Dekret des Papstes geben, das die Vorbeugung und den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch von Seiten der römischen Kurie und des Vatikanstaats stärken wird. Auch soll die Glaubenskongregation ein „Vademecum“ veröffentlichen, das Schritt für Schritt auflistet, wie Bischöfe mit Fällen umzugehen haben und wie Prävention auszusehen hat.

Expertengremium soll Bischöfe beraten

Außerdem hat der Papst den Wunsch geäußert, eine Art „Task Forces“ zu schaffen, besetzt mit Experten verschiedener Disziplinen. Diese Gruppen sollen jenen Bischofskonferenzen und einzelnen Bistümern helfen, die sich schwer tun, gegen Kindesmissbrauch vorzugehen: Das alles kündigte Pater Federico Lombardi SJ, der der Moderator der Versammlungen in der Synodenaula des Vatikans war, nach Abschluss des viertägigen Treffen der Spitzen aller Bischofskonferenzen in Rom an. Gleich am Montag nach dem Gipfel würden sich die Organisatoren der Konferenz mit den Leitern der vatikanischen Behörden, die an dem Treffen teilgenommen haben beraten, um die Folgemaßnahmen zu bestimmen, die sich aus den Anregungen und Vorschlägen der vergangenen Tage ergeben haben.

Programmatische Ansprache des Papstes

Das Treffen selber endete mit einer programmatischen Ansprache des Papstes vor den Teilnehmern des Treffens in der „Sala Regia“ des Apostolischen Palastes. Franziskus bekräftigte die „absolute Ernsthaftigkeit“, mit der die Kirche darangehen werde, Täter in ihren Reihen zu bestrafen. Kein Missbrauch dürfe jemals wieder „vertuscht oder unterbewertet“ werden, „so wie es in der Vergangenheit üblich war“. Den bereits eingeschlagenen „Weg der Reinigung“ werde die Kirche „mit all ihrer Kraft“ fortsetzen. Dazu gehöre auch die Frage der Auswahl und der Ausbildung von Seminaristen. Nicht nur kämen problematische Persönlichkeiten nicht für die Priesterlaufbahn in Frage, die Kandidaten müssten auch einen „ausgewogenen Ausbildungsweg“ durchlaufen, „der auf Heiligkeit ausgerichtet ist und die Tugend der Keuschheit miteinschließt“.

Franziskus über den tiefsten Grund der Missbrauchkrise

Der stärkste Augenblick der Papstansprach war der, als Franziskus von dem tiefsten Grund der Missbrauchkrise sprach: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Die weltweite Verbreitung dieses Übels bestätigt, wie schwerwiegend es für unsere Gesellschaften ist, schmälert aber nicht seine Abscheulichkeit innerhalb der Kirche. Die Unmenschlichkeit dieses Phänomens auf weltweiter Ebene wird in der Kirche noch schwerwiegender und skandalöser, weil es im Gegensatz zu ihrer moralischen Autorität und ihrer ethischen Glaubwürdigkeit steht. Die gottgeweihte Person, die von Gott auserwählt wurde, um die Seelen zum Heil zu führen, lässt sich von ihrer menschlichen Schwäche oder ihrer Krankheit versklaven und wird so zu einem Werkzeug Satans. In den Missbräuchen sehen wir die Hand des Bösen, das nicht einmal die Unschuld der Kinder verschont. Es gibt keine ausreichenden Erklärungen für diese Missbräuche gegenüber Kindern. Demütig und beherzt müssen wir anerkennen, dass wir vor dem Geheimnis des Bösen stehen, das gegen die Schwächsten erbost ist, weil sie Bild Jesu sind.“

Dank an treue Priester und Ordensleute

Zum Schluss seiner langen Ansprache dankte der Papst allen Priestern und Ordensleuten, „die dem Herrn vollkommen und treu dienen“, namentlicher solchen, „die nicht nur den Zölibat treu leben“, sondern in ihrem Dienst aufgehen, der heute durch die Skandale einzelner Mitbrüder „schwieriger geworden“ sei.
Am Samstagnachmittag waren die Bischöfe mit dem Papst zu einer Bußliturgie zusammengekommen. Dabei formulierte der Vorsitzenden der Spanischen Bischofskonferenz, Ricardo Blázquez Pérez, eine Art Gewissenerforschung: „Welche Missbräuche an Kindern und Jugendlichen wurden von Geistlichen und anderen in der Kirche meines Landes begangen? Was weiß ich über die Menschen in meiner Diözese, die von Priestern, Diakonen und Ordensleuten missbraucht und verletzt worden sind? Hat man den Opfern geholfen, ihnen zugehört? Welche Maßnahmen seien ergriffen worden?” das waren nur einige der Fragen, auf die jeder einzelne Bischof und Ordensobere seine eigene Antwort finden sollte.

DT/gho (jobo)

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