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Overbeck: "Ängste der Menschen ernstnehmen"

Man dürfe die gesellschaftliche Wirkung der Ängste der Menschen nicht unterschätzen, meint der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Doch die Politik könne sich nicht darauf beschränken, nur auf diese Ängste zu reagieren.
Essener Bischof Franz-Josef Overbeck
Foto: KNA | Overbeck unterstrich, dass die Menschenrechte das "oberste Zielgut" seien, für das sich Christen in der Demokratie einzusetzen hätten.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat bei den Sozialethischen Gesprächen der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle dafür plädiert, bei der öffentlichen Diskussion über eine gemeinsame europäische Asyl- und Migrantionspolitik, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen. Auch wenn diese Ängste oft diffus seien, dürfe man ihre gesellschaftliche Wirkung nicht unterschätzen. Overbeck, der auch stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Bischofskonferenz ist, betonte aber, "Politik kann sich nicht darauf beschränken, nur auf diese Ängste zu reagieren". Hier seien Christen besonders gefordert, denn Angst und Verzagtheit widersprächen einer christlichen Haltung. Es sei anzuerkennen, dass im Hinblick darauf, wie diese europäischen Zukunftsfragen zu lösen seien, ein breites Meinungsspektrum bestehe, auch unter Katholiken, auch unter den europäischen Bischöfen. Den Christen käme eine wichtige Rolle dabei zu, den notwendigen Dialog zwischen unterschiedlichen Positionen zu ermöglichen. Mit Verweis auf Papst Franziskus stellte Overbeck fest: "Ich beurteile eine Person nie, ohne zuzuhören. Der Friede ist ein Handwerk. Man macht es jeden Tag." Allerdings müssten für so einen Dialog auch bestimmte Voraussetzungen gelten: "Dazu gehören gegenseitiger Respekt und die Bereitschaft, sich offen die Meinung zu sagen." Auf diesen Bedingungen müsse man bestehen.

Overbeck unterstrich, dass die Menschenrechte das "oberste Zielgut" seien, für das sich Christen in der Demokratie einzusetzen hätten. Man müsse allerdings zur Kenntnis nehmen, dass es längst nicht mehr bloß eine spezielle Partei sei, die christliche Positionen in die Politik einbringe. Die Gesellschaft diskutiere darüber, was Menschenwürde, was Freiheit, was Gleichheit heute bedeuteten. In diese Diskussion müssten sich Christen einbringen. Die Kirche dürfe sich nicht abschotten und sich in geschlossene Räume zurückziehen, "wir dürfen nicht zur Sekte werden". Die Chance des Katholizismus liege darin, integrierend zu wirken.

Die Sozialethischen Gespräche standen in diesem Jahr unter dem Oberthema "Populismus und Renationalisierung - Bewährungsprobe für Europa und seine Demokratie".

Eine ausführliche Berichterstattung finden Sie in der nächsten Ausgabe der "Tagespost" vom 21. Juni.
DT/sesa
 

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Bischof Christen Demokratie Katholizismus Menschenwürde Papst Franziskus

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