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Mut und Licht, Lebensschutz und Solidarität, Wort und Antwort. Bischöfe predigen zum Weihnachtsfest

In ihren Weihnachtspredigten beziehen Deutschlands katholische Bischöfe die Weihnachtsbotschaft auf aktuelle gesellschaftliche Themen. Eine kurze Zusammenschau.
Weihnachten in Bethlehem
Foto: KNA | Weihnachten ist der Beginn unserer Erlösung: Der silberne Stern markiert in Bethlehem den Ort der Geburt Christi.

Berlins Erzbischof Heiner Koch formierte seine Kerngedanken in der Weihnachtspredigt um den Begriff des Muts. Die Menschwerdung Gottes sein ein „mutiger, risikobereiter Schritt“ gewesen. „Gott musste mit Zweifeln und Ablehnung der Menschen rechnen, er musste befürchten, dass seine Liebe nicht angenommen würde, er musste damit leben, von uns Menschen enttäuscht zu werden. Und dennoch wagte er den mutigen Schritt, um Großes für uns Menschen zu ermöglichen. Deshalb wagte er, ungewöhnliche Wege zu gehen: von einer Jungfrau geboren zu werden in einem kleinen Ort in Bethlehem, angenommen nur von den Hirten und bald schon auf der Flucht. Aber ohne seinen Wagemut wären Er und Seine Botschaft nie zu den Menschen gekommen.“ Und weiter: „Mutige Menschen braucht auch unsere Gesellschaft. Alte Antworten, Raster versagen in einer unübersichtlichen Welt immer mehr. Um den Herausforderungen der Menschen, der Gesellschaft gerecht zu werden brauchen wir den Mut zum bewussten Gehen von neuen, manchmal auch ungewöhnlichen Wegen. Die sich solang hinstreckenden Verhandlung um eine Regierungsbildung in Berlin sind kein Zeugnis für den Mut, zu neuen kreativen Wegen.“

Erzbischof Hans-Josef Becker predigte in der Christmette am Heiligen Abend im Hohen Dom zu Paderborn über Gottes Licht in der Nacht: „Unsere Rettung kommt nicht von außen oder von oben herab, sondern unsere Rettung kommt von innen. Sie geschieht, indem Gott eintaucht in alles Menschliche. Und dabei spart Gott die Not nicht aus, auch nicht das Elend, nicht die Schwäche und auch nicht das Angewiesensein“, sagte der Paderborner Erzbischof in seiner Predigt. Die Heilige Nacht sei mehr, als Menschen aus ihr machen könnten, so Erzbischof Becker: „Die Christnacht hat eine Botschaft, die tiefer ist, als dass wir sie uns selbst sagen könnten. Und deswegen sind wir hier. Wir wollen etwas hören über die Nacht damals, und wir wollen etwas erahnen vom wahren Licht, das auch unsere Nacht heute erhellen kann.“

Bischof Felix Genn feierte das Weihnachtshochamt im St.-Paulus-Dom in Münster und sagte in seiner Predigt: „Was Jesus uns liefert, ist tatsächlich Gnade und Wahrheit in dem Sinne, dass Gott reine umsonstige Liebe ist, und dass das wahr ist, dass diese Liebe sich nie verbraucht.“ Deswegen seien Christen auch „Unruhestifter“, die sich nicht mit manchem Modell weltlicher Lebensgestaltung zufrieden gäben und sich nicht am bloß Machbaren orientierten. In diesem Zusammenhang kritisierte der Bischof die „verbrauchende Embryonenforschung, wo um eines vermeintlich guten Zweckes willen in Kauf genommen wird, dass andere menschliche Wirklichkeiten zerstört werden.“ Und er erinnerte an das Internationale Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft Sant‘ Egidio, das im September in Münster stattgefunden hatte: „Die Begegnung hat uns gezeigt, dass verfeindete Gruppen plötzlich miteinander sprechen können, ohne sich die Köpfe einzuschlagen.“ Bischof Genn weiter: „Wenn die reine, umsonst geschenkte Liebe gilt, ist es der Mühe wert, unablässig für den Frieden zu beten, selbst wenn man den Eindruck hat, dass ein nordkoreanischer Präsident nichts anderes kennt als das bloße Vergnügen an seiner eigenen Macht. Wenn wirklich gilt, dass dieses Heil Gottes, das Jesus in die Welt gebracht hat, allen Menschen gilt, bleibt es für einen Christen unverständlich, nur auf die Größe der eigenen Nation, die Größe des eigenen Ichs und der eigenen Person zu setzen. Ein wahres Ich hat immer Platz für ein Du, ein Gegenüber, Platz für ein Anderes und Fremdes.“

Die Weihnachtsbotschaft liefert laut Kardinal Reinhard Marx einen wesentlichen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft. „Wenn ich glaube, dass Gott in Jesus der Bruder aller geworden ist, stärkt das meine Verbundenheit und Offenheit, meine Bereitschaft zur Solidarität und zum Miteinander“, sagte Marx in seiner Weihnachtspredigt an Heiligabend bei der Christmette im Münchner Liebfrauendom. Gerade in der jüngsten Zeit sei die Frage, „Was hält diese Gesellschaft eigentlich zusammen?“, immer drängender geworden: „Das Geheimnis von Weihnachten, das uns in die Mitte des christlichen Glaubens führt, ist ohne Zweifel eine starke Quelle des Miteinanders und einer tragfähigen Gemeinschaft“, so Marx.

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr spannt in seiner Predigt während der Christmette in der Kirche St. Severi auf dem Erfurter Dombergeinen den Bogen von der Geburt zur Passion Christi: „Wenn man dies beim Anblick der Weihnachtskrippe betrachtet, fällt der Blick fast von alleine auf das Lebensende Jesu: Er ist auch in aller Öffentlichkeit gestorben. Die Hinrichtungsstätte war zwar vor den Toren der Stadt, aber doch so, dass die Menschen vorbeikamen, ihre Sensationslust befriedigten und die Delinquenten verspotteten und beschimpften. Anfang und Ende des Lebens Jesu ereigneten sich in aller Öffentlichkeit. Aus der Sicht des Glaubens gesehen, kann es auch heißen: Der Anfang des Erlösungswerks und sein Höhepunkt war allen Menschen zugänglich, weil das Erlösungswerk Christi allen zugänglich ist. Dies hat Jesus selbst so gedeutet: Beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern sagte er in den Kelchworten: Das ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird, zur Vergebung der Sünden. Keiner ist ausgeschlossen. Jedem steht es frei, das Erlösungswerk Christi durch Umkehr und Glaube anzunehmen.“

In seiner Weihnachtspredigt im Hildesheimer Dom fragt Diözesanadministrator Weihbischof Nikolaus Schwerdtfeger, wie man jemand feiern sollte, den man nie gesehen hat. „Wir geben uns oft mit dem Oberflächlichen zufrieden. Und doch wollen wir wissen, wo wir hingehören, und suchen nach Beheimatung in einer globalisierten Welt“, beschreibt der Weihbischof die Situation vieler Menschen. Auch Atheisten bleiben von der vorweihnachtlichen Stimmung nicht unberührt, zeigt Schwerdtfeger am Beispiel der Journalistin Valerie Schönian, die als Nicht-Gläubige ein Jahr den Münsteraner Priester Franziskus von Boeselager begleitet hat. Für sie funktioniert Weihnachten auch ohne Gott. Dieser Gott bekomme für Christen in der Person Jesu ein Gesicht, betont der Weihbischof: „Ja, wir sehen Gott nicht. Aber einer hat Kunde gebracht.“

Die Botschaft von Weihnachten mache Mut, im Alltag nicht auf Macht und Abgrenzung zu setzen, sondern echte Begegnung mit dem Mitmenschen zu suchen. Bei der Christmette im Eichstätter Dom bezeichnete Bischof Gregor Maria Hanke die Geburt Jesu als Antwort Gottes auf die Sehnsucht des Menschen nach Nähe und Heil. Weihnachten ermuntere zur wahren Menschwerdung, die nicht auf Stärke und Macht setze, sondern auch Schwäche und Kleinsein zulasse. Das Weihnachtsfest verliere kaum etwas von seiner Popularität, wenngleich die Christen in diesem Land zahlenmäßig abnehmen, stellte der Eichstätter Bischof in seiner Weihnachtspredigt fest. Das habe viel damit zu tun, dass Weihnachten ein attraktives Geschäftsmodell für Wirtschaft und Handel sei und für viele ein schönes Fest mit Christbaum, Abspielen einiger Weihnachtslieder, gutem Essen im Kreis der Familie und Austausch von Geschenken. Weihnachten werde jedes Jahr auch von jenen erneut gefeiert, die unter dem kollektiven Vorbereitungsstress und so mancher Missstimmung an den Feiertagen leiden. Offensichtlich habe Weihnachten ein Geheimnis, das die Sehnsucht der Menschen anrührt. Die Botschaft vom Kommen Gottes und seiner Nähe zum Menschen im Kind von Bethlehem werde in unterschiedlichen Formaten verkündet und präsent gemacht: durch viele Adventsbräuche, durch die Krippen und Krippenspiele über das Singen der Weihnachtslieder bis zur Feier festlicher Gottesdienste. „Diese Botschaft strahlt auch heute noch aus und erreicht oft ganz verborgen die Herzen von Menschen.“

jbj

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