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Missbrauchskrise: Kasper fordert kirchliche Verwaltungsgerichte

Es sei „weder unbillig, noch schränkt es den Bischof ungebührlich ein“, wenn man von ihm verlange, seine eigenen Gesetze oder die Gesetze Roms einzuhalten, so der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper.
Kasper fordert kirchliche Verwaltungsgerichte
Foto: Archiv | An der theologischen Autorität des Bischofs würden kirchliche Verwaltungsgerichte laut Kasper nichts ändern, sondern diese vielmehr stärken.

Im Zuge der Missbrauchskrise in der katholischen Kirche fordert der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper kirchliche Verwaltungsgerichte als Beschwerdeinstanzen. Dabei gehe es seiner Ansicht nach nicht um ein Urteil über Personen, sondern über deren Entscheidungen. „Verwaltungsakte der Kirche müssen den Regeln der Kirche entsprechen“, meint Kasper im Gespräch mit dem „Kölner Stadtanzeiger“. Dies sollte eine Selbstverständlichkeit sowie eine Grundvoraussetzung bischöflichen Handelns sein, so der 85-Jährige.

Verwaltungsgerichte sollen Einhaltung vorhandener Gesetze überprüfen

Zudem weist Kasper darauf hin, dass Verwaltungsgerichte selbst keine Gesetze verabschieden würden, sondern nur die Einhaltung der vorhandenen überprüften. „Wenn so etwas in der Kirche passierte, würde dies den Sinn jedes Bischofs für Gesetzestreue und Rechtskonformität ungemein schärfen.“ Es sei „weder unbillig, noch schränkt es den Bischof ungebührlich ein“, wenn man von ihm verlange, seine eigenen Gesetze oder die Gesetze Roms einzuhalten, betont der emeritierte Kurienkardinal. Auch an der theologischen Autorität des Bischofs würden kirchliche Verwaltungsgerichte laut Kasper nichts ändern, sondern diese vielmehr stärken und zu mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit beitragen.

Kasper: Benedikts Sicht auf '68 rührt von eigenen schlechten Erfahrungen

Auf die Frage, ob er die Auffassung des emeritierten Papstes Benedikt XVI. teile, dass die Bewegung der 68er und ihre Auflösung der Moral schuld seien an der Missbrauchskrise, antwortet Kasper: „Dass im Zuge von '68 manches zusammengebrochen ist an Normen und Strukturen, das stimmt schon. Aber nicht allem muss man nachtrauern, und es ist ja auch viel Neues, Gutes aufgebrochen.“ Benedikts Sicht auf 1968 rühre seiner Meinung nach von eigenen schlechten Erfahrungen in jener Zeit.

Er selbst, so Kasper, habe zur Zeit der 68er-Bewegung schon zum „Establishment“ gehört. Als Dekan der Theologischen Fakultät in Münster und Tübingen habe er so manchen Kampf mit den Studenten ausgefochten. „Nur war mein vor vielleicht, dass ich Karl Marx gelesen hatte und besser über ihn Bescheid wusste, so dass ich gut diskutieren konnte.“

Kasper: Auch Ratzinger gehöre zu "konziliärem" Theologenkreis

Den Hinweis, dass er selbst einer jener vom Zweiten Vatikanischen Konzil geprägten Theologen sei, die Benedikt in seiner Analyse zur Missbrauchskrise für den kirchlichen Niedergang verantwortlich mache, kontert Kardinal Kasper mit der Aussage, dass Schuldzuweisungen nicht weiterhelfen würden. Ratzinger selbst gehöre zu jenem Theologenkreis.

DT/mlu

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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