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Genveränderte Babys: DBK warnt vor Selektion von Leben

Im Fall der genveränderten Babys, die in China zur Welt gekommen sein sollen, spricht der Ethikexperte der Bischofskonferenz, Weihbischof Losinger, von einem Menschenexperiment und fordert Schutzstandards wie bei den Menschenrechten.
DBK kritisiert Gen-Experiment
Foto: (106351786) | "Betroffen wären bei einem solchen Keimbahneingriff nicht nur die Kinder selbst, sondern auch alle ihre Nachkommen“, mahnt der Augsburger Weihbischof Losinger.

Nachdem in China erstmals weltweit Babys zur Welt gekommen sein sollen, deren Gene mithilfe des umstrittenen Verfahrens CRISPR/CAS9 verändert wurden, fordert die Deutsche Bischofskonferenz globale Verpflichtungen, um vergleichbare Fälle und eine Selektion von Leben zu verhindern. „Wenn sich dieser Vorgang bewahrheitet, dann verletzt er sämtliche wissenschaftlichen Regeln“, warnt der Ethikexperte der Bischofskonferenz, Weihbischof Anton Losinger, in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

Losinger: Eingriff überschreitet Reichweite wissenschaftlicher Verantwortung

Der Eingriff in die menschliche DNA würde die Reichweite der wissenschaftlichen Verantwortung überschreiten, so der Augsburger Weihbischof. „Das wäre ein Menschenexperiment. Betroffen wären bei einem solchen Keimbahneingriff nicht nur die Kinder selbst, sondern auch alle ihre Nachkommen“, so Losinger, der Mitglied der Sozialkomission der Deutschen Bischöfe ist. Ähnlich hatte sich zuvor bereits der Vorsitzende des deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, geäußert.

Losinger erklärt gegenüber der NOZ weiter, dass er Gentechnik grundsätzlich nicht ablehne. „Wenn Gentechnik heute zu Therapiezwecken eingesetzt wird, wird niemand sagen, dass das falsch ist - solange sich die Folgen der Technik klar abschätzen lassen.“ Bei dem aktuell diskutierten Embryonenexperiment chinesischer Wissenschaftler sei dies jedoch nicht der Fall. „Wir brauchen daher in der Biogenetik ähnliche Schutzstandards wie bei den Menschenrechten. Sonst stehen am Ende Perfektionierung und Selektion“, meint Losinger.

Auch die evangelische Kirche lehnt das Experiment ab

Auch die evangelische Kirche lehnt das Experiment ab. Gegenüber der NOZ spricht der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, von einer Grenzüberschreitung „die ethisch hochproblematisch ist“. Zudem warnt Bedford-Strohm: „Genetische Eingriffe in die menschliche Keimbahn wirken sich auf alle Nachkommen aus. Damit öffnet sich die Tür für das gezielte Formen des Designs eines zukünftigen Menschen.“ Solch ein Eingriff widerspreche dem christlichen Verständnis des Menschen als Bild Gottes. „Die wissenschafts- und forschungsethischen Fragen, die sich aus dem Genome Editing ergeben, bedürfen ebenso einer intensiven ethischen Besinnung in der Gemeinschaft der Forschenden wie einer breiten gesellschaftlichen und kirchlichen Diskussion“, so der Ratsvorsitzende.

Babys sollten durch Eingriff HIV-resistent gemacht werden

Ein chinesischer Wissenschaftler hatte am Wochenende in einem auf der Online-Videoplattform Youtube verbreiteten Video erklärt, dass „zwei wunderschöne kleine chinesische Mädchen“ auf die Welt gekommen seien, deren Embryonen mit dem Verfahren CRISPR/CAS9 verändert wurden. Dem Forscher zufolge hatte der Eingriff das Ziel, die Neugeborenen gegen HIV resistent zu machen. Dazu habe er im Erbgut der Babys ein Gen stillgelegt. Eine geprüfte wissenschaftliche Veröffentlichung zu den Eingriffen gibt es noch nicht.

Mit dem unter dem Namen CRISPR/Cas9 firmierenden Molekülverbund verteidigen sich Bakterien gegen den Befall von Viren (genauer: Bakteriophagen). Bakteriophagen benötigen – mangels eines eigenen Stoffwechsels – einen Wirt, um sich zu vermehren. Dazu „kapern“ sie ein Bakterium, schleusen ihre DNA in die Wirtszelle ein und „zwingen“ sie, statt der Bakterien- die Phagen-DNA zu replizieren.

DT/mlu

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