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Genf: Papst gegen politisierte Ökumene

Papst Franziskus hat einer politisierten Ökumene eine deutliche Absage erteilt und zu spiritueller Bekehrung aufgerufen. Von Oliver Maksan
Papst besucht Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf
Foto: Tony Gentile (REUTERS POOL/Keystone) | 21.06.2018, Schweiz, Genf: Papst Franziskus (Mitte, l) segnet zwei Kinder neben Alain Berset (hinten), Bundespräsident der Schweiz, bei seiner Ankunft am Flughafen von Genf.

Anlässlich seines Besuchs beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf sagte der Pontifex am Donnerstagvormittag, dass das Gehen eines gemeinsamen ökumenischen Weges für Christen keine Strategie sei, um die eigene Position zu stärken, sondern ein Akt des Gehorsams gegen Gott und der Liebe zur Welt. „Aber man könnte einwenden, dass das Gehen in dieser Weise ein Verlustgeschäft sei, denn dadurch würden die Interessen der eigenen Gemeinschaft nicht hinreichend geschützt, die häufig an ethnischen Zugehörigkeiten ausgerichtet sind oder entlang Parteilinien verlaufen, seien es ,konservative` oder ,progressive`“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt wörtlich bei einem ökumenischen Gebetstreffen. „Der Ökumenismus ist ein „großes Verlustgeschäft“. Aber es handelt sich dabei um einen Verlust in der Logik des Evangeliums, der die Worte Jesu reflektiert: Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten“, so der Papst.

Der Heilige Vater hält sich an diesem Donnerstag zu einem zehnstündigen Besuch in Genf auf. Anlass ist der 70. Geburtstag des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Die Vereinigung zur Förderung der Einheit der Christen wurde 1948 in Amsterdam gegründet und hat ihren Sitz in Genf. Der ÖRK zählt nach eigenen Angaben 350 protestantische, orthodoxe und anglikanische Kirchen zu seinen Mitgliedern. Sie repräsentieren etwa 550 Millionen Christen weltweit. Die katholische Kirche ist kein Mitglied, unterhält aber enge Beziehungen. Die Päpste Paul VI. und Johannes Paul II. hatten die Organisation 1969 und 1984 besucht. Der Lutheraner Olaf Fykse Tveit aus Norwegen steht dem Rat als Generalsekretär vor.

Kritiker werfen der  Organisation eine Vernachlässigung theologischer Einheitsbemühungen zu Gunsten politischer Stellungnahmen vor. Das Verhältnis zwischen orthodoxen und westlichen protestantischen Kirchen gilt als nicht konfliktfrei. Kritik erweckt zudem regelmäßig die Haltung des ÖRK zum israelisch-palästinensischen Konflikt, die als einseitige Parteinahme für die Palästinenser verstanden wird. So warfen die evangelischen Neutestamentler Ekkehard und Wolfgang Stegemann dem ÖRK nach der Veröffentlichung eines Papiers 2013 vor, dass antiisraelischer Antisemitismus, die Diskriminierung des Staates Israel und die politische Mobilisierung gegen ihn im Weltkirchenrat angekommen seien. Der ÖRK wies die Vorwürfe zurück. Generalsekretär Tveit sagte, dass der Ökumenische Rat der Kirchen sich immer für die Existenz des Staates Israels innerhalb der international anerkannten Grenzen eingesetzt habe. Kritik an dessen Vorgehen in den besetzten Gebieten dürfe aber nicht delegitimiert werde.

Nach dem ökumenischen Besuchsprogramm wird der Papst um 17 Uhr 30 mit über 40 000 Gläubigen im Genfer Kongresszentrum Palexpo eine Heilige Messe feiern. Gespräche mit Schweizer Bischöfen und Mitarbeitern der päpstlichen Vertretungen in der Schweiz beschließen die 23. Auslandsreise des Papstes. Der Rückflug nach Rom ist für 20 Uhr angesetzt.

Die Tagespost berichtet weiter von vor Ort. Lesen Sie mehr Hintergründe zum Papstbesuch in Genf in der nächsten Ausgabe der Tagespost.

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