„Wir müssen uns daran gewöhnen, dass der Umbruch ein Dauerzustand ist.“ Diese Ansicht äußerte der Fuldaer Bischof Michael Gerber am Mittwoch bei seinem ersten Priestertag vor rund 190 Priestern und Diakonen in Fulda. Spreche man nur von einer Phase, so vermittele man den Eindruck, dass es nach einer bestimmten Zeit für die katholische Kirche wieder normal weitergehe. Diese Auffassung teilt Gerber nicht: „Es wird nicht mehr ruhiger auf der Erde werden in unserer Lebenszeit.“
„Es wird nicht mehr ruhiger auf der
Erde werden in unserer Lebenszeit“
Fuldas Bischof Michael Gerber
Für die Kirche sei daher eine wesentliche Grundfrage, wie sie eine konstruktive Haltung angesichts es Umbruchs als Normalzustand finden könne. „Wir müssen selbst in einen Prozess eintreten, in dem wir schöpferisch im Umbruch nach vorne gehen“, forderte der Fuldaer Bischof. Gerber verglich die Kirche heute mit den ersten Christen, die nach Überlieferung der Apostelgeschichte in einer ähnlichen Situation gewesen sind. Mit ihnen befinde sich die katholische Kirche heute „in bester Gesellschaft“.
In seinem Festvortrag ging Bischof Gerber auch auf die Herausforderungen ein, denen sich Priester in der heutigen Gesellschaft gegenübersähen. Dazu gehöre der Missbrauch von Minderjährigen, durch den viele Geistliche unter Generalverdacht geraten seien, aber auch der Austritt vieler Mitbrüder aus dem Priesteramt aufgrund physischer und psychischer Belastung sowie der Erfarung von Vergeblichkeit. „Wo sind die Kinder, die zur Erstkommunion gingen, und ihre Familie jetzt, an den Sonntagen danach?“
Gerber ging auch auf den Zölibat als akute Herausforderung an Priester ein. Viele zölibatär Lebende hätten eine Sehnsucht nach geistlicher Fruchtbarkeit. „Vieles, was man bewirkt, bekommt man ar nicht mit“, so der 49-Jährige. So wie ein junges Ehepaar, das sein erstes Kind bekomme, von da an um des neuen Lebens willen auf vieles verzichte, sei es auch für Zölibatäre wichtig zu sehen, wo ihr Wirken nachhaltig Frucht bringe.
Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns ist zentrale Herausforderung
Als zentrale Herausforderung bezeichnete der Fuldaer Bischof die Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns. Daher stehe jetzt die Überarbeitung der Missbrauchsrichtlinien durch die Deutsche Bischofskonferenz an. „Die Kirche soll Menschen eine Transzendenzerfahrung ermöglichen.“ Der Missbrauch durch Geistliche habe gerade das Gegenteil bewirkt, denn er verursache eine dauerhafte Beeinträchtigung. „Hier wurde der Sendungsauftrag der Kirche pervertiert.“
DT/mlu/pm
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