Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kirche

Für eine andere Welt - Papst reformiert kirchliche Hochschulen

Nach 40 Jahren sind strukturelle und inhaltliche Änderungen im katholischen Universitätswesen nötig. Mit der ihm eigenen Verve schickt Papst Franziskus die kirchlichen Hochschulen in den Kampf um eine bessere Welt. Im Dienst des Evangeliums und mit "Freude an der Wahrheit", so der Titel seines neuen Dokuments.
Papst Franziskus.
Foto: Andrew Medichini (AP) | Papst Franziskus reformiert die kirchlichen Hochschulen. Foto: Andrew Medichini/AP/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Offene Auseinandersetzung auf allen Gebieten der Wissenschaft, interdisziplinäres und effektiveres Arbeiten in Netzwerken - das sind nur einige der Vorgaben des am Montag veröffentlichten Papstdokuments "Veritatis gaudium" (Freude der Wahrheit). So neu ist das nicht - es wird aber stärker betont als früher. Kirchliche Studiensysteme sollen "das ganze Volk Gottes bereichern" - vom einfachen Gläubigen bis zum Lehramt der Hirten.

Das 50 Seiten umfassende Dokument besteht aus einem programmatischen Teil sowie Grundsätzen und Vorschriften über Lehrkörper, Lehrpläne, Studenten, Ausrüstung und Kooperationen. Als ein Ziel des kräftig formulierten Reformimpulses nennt "Veritatis gaudium" ganzheitlich gebildete Führungskräfte und -zirkel - modern "leadership" genannt -, um der Entwicklung der Welt mit "realistischen Lösungswegen" eine grundlegend andere Richtung zu geben.

Diese "beachtliche und unaufschiebbare Aufgabe" verlange bei akademischer Bildung und wissenschaftlicher Forschung eine "mutige kulturelle Revolution", schreibt Franziskus. Mit diesem Begriff macht der Papst keine Anleihe bei Mao Tse-tung, sondern zitiert seine eigene Enzyklika "Laudato si". Dort geht es um das "gemeinsame Haus" aller Menschen, in dem nicht nur die Schöpfung zu achten ist, sondern ebenso Gerechtigkeit und Würde aller Menschen.

Wesentlich gespeist wird dieser Einsatz für eine bessere Welt vom Evangelium, wie von Franziskus schon 2013 in "Evangelii gaudium" dargelegt, ausdrücklich rückgebunden aber an Tradition und Lehre der Kirche. Das tut Franziskus auch mit seinem neuen Dokument: vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) über die Schreiben Pauls VI. (1963-1978) zu Fortschritt, Entwicklungspolitik und Mission bis zum Vorgängerdokument über kirchliche Hochschulen, "Sapientia Christiana" von Johannes Paul II. 1979. Dessen Vorwort ist dem neuen Dokument als Anhang beigefügt.

Da sich seither in der Bildungslandschaft weltweit wie auch sonst sehr viel geändert hat, sei nach fast 40 Jahren "ein 'aggiornamento' dringend notwendig", so Franziskus. So setzt das neue Dokument neue Prioritäten für Forschung und Lehre und berücksichtigt auch Bildungsreformen wie den Bologna-Prozess oder internationale Kulturabkommen, denen der Heilige Stuhl inzwischen beigetreten ist.

Dass es zwischen Reformimpulsen und Besitzstandsdenken schwierig werden kann, deutet auch der Sekretär der zuständigen Bildungskongregation an. Erzbischof Angelo Vincenzo Zani verweist etwa auf die kirchliche Hochschullandschaft in Rom: Hier konkurrieren Päpstliche Universitäten und Ordenshochschulen um sinkende Studentenzahlen, zum Teil sogar mit den gleichen Studienschwerpunkten und Forschungszentren.

Dabei sind diese ein gutes Beispiel dafür, wohin Franziskus und seine Kongregation die Flotte katholischer Hochschulen steuern wollen. "Das Kinderschutzzentrum hier in Rom, interdisziplinäre Institute für Pflege, für Caritas, Migration - all das gibt es schon, damit können wir punkten", sagte ein Mitarbeiter der Kongregation der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Franziskus selbst lobte jüngst in Chile und Peru Einrichtungen, in denen Studenten aus indigenen Völkern das ökologische, soziale und kulturelle Wissen ihrer Vorfahren mit moderner Forschung und Bildung verknüpfen. Ihm schweben Kooperationen zwischen Hörsaal und Regenwald, zwischen Bergdörfern und Unibibliotheken vor.

Kirchliche Hochschulen stehen grundsätzlich allen mit den nötigen Zugangsabschlüssen offen. Sollte jemand diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht nachweisen können, wie manche Flüchtlinge oder Migranten, soll die Zulassung vereinfacht werden. Studienordnungen müssen für den Erkenntnisfortschritt "die gebührende Freiheit in Forschung und Lehre" gewähren - allerdings "innerhalb der Grenzen des Wortes Gottes", wie von der Kirche gelehrt. Binnen zwei Jahren sollen die neuen Vorgaben umgesetzt oder doch in Angriff genommen sein.

KNA/Roland Juchem – jbj

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe

Themen & Autoren
Caritas Johannes Paul II. Mao Zedong Päpste Zweites Vatikanisches Konzil

Weitere Artikel

Über den Teufel wird in Kirchenkreisen nur ungern gesprochen. Doch wo der christliche Glaube schwindet, wächst das Grauen.
13.04.2024, 11 Uhr
Regina Einig

Kirche

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) ist ein Streit um das Pfarramt für Frauen entbrannt. Im äußersten Fall droht die Spaltung.
22.04.2024, 16 Uhr
Vorabmeldung