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Ein Novum in der Kirchengeschichte

Dass ein Kurienerzbischof den Papst öffentlich zum Rücktritt auffordert, hat es noch nie gegeben. Der Text des emeritierten US-Nuntius Carlo Viganò hält Katholiken in Atem.
Missbrauchsskandal in katholischer Kirche
Foto: Dave Scherbenco (The Citizens' Voice/AP) | Hat der Papst sexuellen Missbrauch vertuscht und Schweigekartelle gefördert? Diese Vorwürfe erhebt der emeritierte US-Nuntius Viganò.

Ein elfseitiger Text hält die Katholiken in den USA in Atem. Dass ein Kurienerzbischof den Papst öffentlich zum Rücktritt auffordert, ist ein Novum in der Kirchengeschichte. Carlo Maria Viganò erhebt schwere Vorwürfe gegen Franziskus. Dieser habe sexuellen Missbrauch in der Kirche vertuscht und Schweigekartelle gefördert. Als Papst Franziskus auf dem Rückflug vom Weltfamilientag von Dublin nach Rom auf den Paukenschlag des vormaligen Apostolischen Nuntius in den Vereinigten Staaten angesprochen wurde, blockte er spontan ab: Das Dokument spreche für sich. Er werde kein Wort dazu sagen: "Lesen Sie es selber aufmerksam und bilden Sie sich ein eigenes Urteil", beschied Franziskus einen Journalisten. Da war es jedoch zu spät, um das Feuer noch auszutreten.

Papst Franziskus will weiter schweigen

Das zuerst von dem Nachrichtenportal "Lifesitenews" veröffentlichte Memorandum war in Kirchenkreisen bereits eingeschlagen wie eine Bombe. Franziskus habe warnende Hinweise auf das sexuelle Fehlverhalten des emeritierten Erzbischofs von Washington ignoriert, heißt es im Bericht. Mehr noch: Er habe von Benedikt XVI. gegen Theodore McCarrick verhängte Sanktionen wieder aufgehoben und diesen in seinen Beraterstab geholt.

Mit seltener Erbitterung scheiden sich nun die Geister

Mit seltener Erbitterung scheiden sich nun die Geister der amerikanischen Katholiken. Papstverteidiger und -kritiker stehen sich gegenüber. In seinem Motu proprio "Come une madre amorevole" hatte Papst Franziskus 2016 noch unterstrichen, dass grundsätzlich jeder aus einem Kirchenamt entlassen werden kann. Wer sich im Zusammenhang mit dem Missbrauch Minderjähriger schwer gegen die Aufsichtspflicht verfehlt, muss damit rechnen, dass die zuständige Kongregation ihn aus dem Amt entfernt. Mehrere Bischöfe fordern nun umfassende Aufklärung - auch im eigenen Interesse und mit Blick auf unbescholtene Priester. Eine Apostolische Visitation.

DT

 

 

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