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Die Wirklichkeit der Auferstehung

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters beim Regina Coeli am 15. April.
Papst Franziskus wendet sich an die Gläubigen
Foto: Alessandra Tarantino (AP) | Papst Franziskus wendet sich an die Gläubigen.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Im Mittelpunkt des heutigen dritten Ostersonntags steht die Erfahrung des Auferstandenen, die seine Jünger - alle gemeinsam - gemacht haben. Das wird vor allem in dem Evangelium herausgestellt, das uns nochmals in den Abendmahlssaal führt, wo Jesus sich den Aposteln zeigt und sich mit dem Gruß an sie wendet: „Friede sei mit euch!“ (Lk 24,36). Das ist der Gruß des auferstandenen Christus, der uns den Frieden schenkt: „Friede sei mit euch!“. Es handelt sich sowohl um den inneren Frieden als auch um den Frieden in den Beziehungen unter den Menschen.  Die vom Evangelisten Lukas angeführte Episode hebt besonders den Realismus der Auferstehung hervor. Jesus ist kein Geist. Denn es handelt sich nicht um eine Erscheinung der Seele Jesu, sondern um seine wirkliche Gegenwart mit seinem auferstandenen Leib.

Jesus wird gewahr, dass die Apostel verwirrt sind, als sie ihn sehen, sie sind verstört, weil die Wirklichkeit der Auferstehung unfassbar für sie ist. Sie meinen, einen Geist zu sehen; doch der auferstandene Jesus ist kein Geist, er ist ein Mensch mit Leib und Seele. Um sie zu überzeugen, sagt er daher: „Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht“ (V. 39). Doch das scheint noch nicht auszureichen, um die Ungläubigkeit der Apostel zu überwinden. Das Evangelium sagt etwas Interessantes: sie waren so voller Freude, dass sie nicht an sie glauben konnten: „Nein, das geht nicht! Das kann nicht sein! Solche Freude ist nicht möglich!“. Und um sie zu überzeugen sagte Jesus zu ihnen: „Habt ihr etwas zu essen hier?“ (V. 41). Sie bieten ihm gebratenen Fisch an; Jesus nimmt ihn und isst ihn vor ihren Augen, um sie zu überzeugen.

Dass Jesus die Wirklichkeit seiner Auferstehung unterstreicht, erhellt die christliche Sichtweise über den Leib: der Leib ist weder ein Hindernis noch ein Gefängnis der Seele. Der Leib ist von Gott geschaffen, und ohne die Einheit von Leib und Seele ist der Mensch nicht vollständig. Jesus, der den Tod besiegt hat und mit Leib und Seele auferstanden ist, gibt uns zu verstehen, dass wir eine positive Vorstellung von unserem Leib haben sollen. Er kann eine Gelegenheit für die Sünde darstellen oder ihr Werkzeug sein, doch die Sünde wird nicht durch den Leib verursacht, sondern durch unsere moralische Schwäche. Der Leib ist ein wunderbares Geschenk Gottes, dazu bestimmt, in der Einheit mit der Seele Sein Bild und die Ähnlichkeit mit Ihm in Fülle zum Ausdruck zu bringen. Daher sind wir zu großer Achtung unseres Leibes und dem der anderen Menschen sowie zur Sorgfalt ihm gegenüber aufgerufen.

Jede Verletzung, jede Wunde, jede Gewalt, die dem Leib unseres Nächsten zugefügt wird, ist ein Verstoß gegenüber Gott, dem Schöpfer! Ich denke vor allem an die Kinder, die Frauen, die alten Menschen, die körperlich misshandelt werden. Im Fleisch dieser Menschen finden wir den Leib Christi. Den verwundeten, verspotteten, verleumdeten, gedemütigten, gegeißelten, gekreuzigten Christus… Jesus hat uns die Liebe gelehrt. Eine Liebe, die sich in seiner Auferstehung als mächtiger als die Sünde und der Tod erwiesen hat und alle erlösen will, die in ihrem Leib das Sklaventum unserer Zeit erfahren.

In einer Welt, in der allzu häufig Gewalt gegenüber den Schwächsten und ein den Geist erstickender Materialismus vorherrschen, ruft uns das heutige Evangelium dazu auf, Menschen zu sein, die voller Staunen und Freude über die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn tiefer zu schauen vermögen. Es ruft uns dazu auf, Menschen zu sein, die die Neuheit des Lebens anzunehmen und zu würdigen wissen, die Er in der Geschichte aussät, um sie auf einen neuen Himmel und eine neue Erde auszurichten. Die Jungfrau Maria, deren mütterlicher Fürsprache wir uns voller Zuversicht anvertrauen, stehe uns bei auf diesem Weg.

Nach dem Gebet des Regina Coeli und vor den Grüßen an einzelne Gruppen auf dem Petersplatz sagte der Papst:

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute wird in Vohipeno, in Madagaskar, der Märtyrer Luciano Botovasoa seliggesprochen, ein Familienvater und konsequenter Zeuge Christi bis zur heroischen Hingabe seines Lebens. Er, der verhaftet und getötet wurde, weil er den Willen gezeigt hat, dem Herrn und der Kirche treu zu bleiben, stellt für uns alle ein Vorbild der Nächstenliebe und der Stärke im Glauben dar.

Ich bin zutiefst besorgt über die derzeitige Weltlage, in der es trotz der Mittel, die der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung stehen, offenbar schwer fällt, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zugunsten des Friedens in Syrien und in anderen Regionen der Welt zu einigen. Während ich unablässig für den Frieden bete – und alle Menschen guten Willens dazu auffordere, das ebenfalls zu tun – möchte ich erneut an alle politisch Verantwortlichen appellieren, Gerechtigkeit und Frieden den Vorrang einzuräumen.
Mit großem Schmerz habe ich die Nachricht von der Ermordung der drei Männer vernommen, die Ende März an der Grenze zwischen Ecuador und Kolumbien entführt worden waren. Ich bete für sie und ihre Familienangehörigen und bin der geschätzten ecuadorianischen Bevölkerung nahe, die ich dazu ermutigen möchte, mit Hilfe des Herrn und seiner allerseligsten Mutter vereint und friedlich voranzugehen.

Ich möchte Eurem Gebet Menschen wie Vincent Lambert in Frankreich, den kleinen Alfie Evans in England und andere in verschiedenen Ländern anvertrauen, die manchmal schon seit langer Zeit an einer schweren Krankheit leiden und medizinischen Beistand für ihre Grundbedürfnisse erhalten. Es handelt sich um schwierige, sehr schmerzhafte und komplexe Situationen. Beten wir dafür, dass jeder Kranke immer in seiner Würde geachtet und auf eine seinem Zustand angemessene Weise versorgt werde, wozu die Familienangehörigen, die Ärzte und die anderen Mitarbeiter im Gesundheitswesen im Respekt vor dem Leben ihren einträchtigen Beitrag leisten mögen.

Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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