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Wallfahrtsort Kevelaer: Reliquien der Heiligen Bernadette

Im niederrheinischen Wallfahrtsort Kevelaer waren die Reliquien der Heiligen Bernadette Soubirous zu sehen: ein Stück des Rippenknochens und Hautpartikel. Für gläubige Katholiken eine Gelegenheit zur Begegnung mit der Heiligen. Von Heinrich Wullhorst
Marienbasilika in Kevelaer
Foto: Heinrich Wullhorst | Der Altarraum in der Marienbasilika im niederrheinischen Kevelaer ist in blaues Licht getaucht. Foto: Heinrich Wullhorst.

Der Altarraum in der Marienbasilika im niederrheinischen Kevelaer ist in blaues Licht getaucht, die Farbe der Gottesmutter. In seiner Mitte befindet sich ein Schrein, der in der vergangenen Woche vier Tage lang die Menschen in den Wallfahrtsort Kevelaer strömen lässt. In ihm befinden sich Reliquien der Heiligen Bernadette Soubirous: ein Stück des Rippenknochens und Hautpartikel. Die Verehrung der „Überbleibsel“ vom Körper besonderer Menschen findet man in vielen Kulturen und Religionen. Für gläubige Katholiken habe sie eine besondere Bedeutung. Auf der einen Seite hält man mit den Reliquien die Erinnerung an die Heiligen wach, man kann ihnen nahe sein, wenn man sie als Fürsprecher anruft. Daneben hoffen zum Beispiel Kranke darauf, dass sie durch die Berührung der Reliquie Heilung erfahren. Es ist allerdings nicht der Gegenstand, sondern der Heilige, der hilft.

Wallfahrtsort Kevelaer: Begegnung mit der heiligen Bernadette

Unter den Pilgern in der Basilika und auf dem Kapellenplatz sind viele, die sich mit dem Rollator auf den Weg gemacht haben. Eine der Besucherinnen erzählt, dass sie unter einer schwerer Krebserkrankung leidet. „Nach Lourdes kann ich daher nicht mehr fahren“, erklärt sie. „Aber hier in Kevelaer wird mir die Begegnung mit der heiligen Bernadette möglich gemacht.“ So kommt ein Stück von Lourdes nach Kevelaer und für viele Kranke ein Stück Hoffnung auf Linderung und Heilung. Eine weitere Pilgerin ist mit ihrer Mutter und ihrem Verlobten aus dem Bistum Aachen in die Diözese Münster gekommen. „Wir heiraten in 14 Tagen und meine Mutter feiert heute ihren Geburtstag. Das sind doch gute Gründe, um nach Kevelaer zu fahren“, beschreibt sie ihre Motivation. Eine andere Pilgerin kommt aus Brasilien und ist zurzeit zu Besuch in Münster. Sie hat den Weg ebenfalls aus einem besonderen Grund eingeschlagen:

„Ich heiße Bernadette, war noch nie in Lourdes und kann so meiner Namenspatronin einmal begegnen.“  

Seit der Ankunft der Reliquien am Donnerstag hat es bereits viele Heilige Messen und Anbetungsstunden in dem niederrheinischen Wallfahrtsort gegeben. Jetzt, in den Abendstunden des Samstags herrscht hier eine besondere Stimmung. Durch das blaue Licht im Altarraum entsteht in der sonst abgedunkelten Kirche eine mystische Atmosphäre. Nach dem Pontifikalamt mit dem ehemaligen Bischöfe von Lourdes, Jacques Perrier, strömen die Menschen erneut in das Gotteshaus. Es drängt hin sie zu dem Schrein, vor dem sie niederknien, dem sie nah sein wollen. Das prunkvoll gestaltete Reliquar, das ein Gewicht von etwa 40 Kilo hat und mit Diamanten und Edelsteinen besetzt ist, ist von einem stabilen Glasschutz umgeben. Aufbewahrt werden die Knochen der Heiligen in einem dreiteiligen Faltaltar in dessen Zentrum sich eine Darstellung der Bernadette, kniend in der Lourdes-Grotte Massabielle vor der Mutter Gottes befindet. Hier ist sie dem damals 14 Jahre alten Mädchen erschienen. Am 11. Februar 1858 war Bernadette unterwegs, um im Wald Holz zu sammeln. Da erschien ihr erstmalig eine „weibliche Gestalt von großer Schönheit in einer goldschimmernden Wolke“, wie sie es hinterher beschrieb. Die „Dame“, wie sie sie nannte, gab sich ihr später als die „Unbefleckte Empfängnis“ zu erkennen. Auf ihr Geheiß hat Bernadette eine Quelle auf, auf deren Wasser viele Heilungen zurückgeführt werden. Seither pilgern Menschen in großer Zahl nach Lourdes.

Der Schrein der Heiligen auf Pilgerschaft durch Deutschlands Bistümer

Jetzt steht der Schrein der Heiligen in Kevelaer. Von dort aus macht er Station in weiteren deutschen Bistümern. Osnabrück, Paderborn, Köln, Berlin, Hildesheim, Eichstätt, Regensburg, Bamberg, Speyer, Limburg und Trier sind die nächsten Orte, auf die sich die deutschen Pilger freuen. Die Gläubigen in der Marienbasilika wollen die Umhüllung des Schreins berühren, legen ihre Hand dort auf, ihre Rosenkränze. Schnell werden sie gebeten, ein wenig Abstand zu halten. Die eigens zur Bewachung abgestellten Mitglieder des Malterserordens wissen um den nicht nur wirtschaftlichen, sondern vor allem ideellen Wert des Behältnisses.

Der Rektor der Wallfahrt in Kevelaer, Domkapitular Gregor Kauling hat bereits im Vorfeld der mit Freude erwarteten Ankunft der Reliquien auf die besondere Bedeutung von Wallfahrtsorten wie Kevelaer oder des französischen Pyrenäenortes Lourdes hingewiesen. „Die Wallfahrtsorte dieser Welt schenken uns Menschen eine Ahnung, letztlich niemals ganz verloren zu sein.“  In Lourdes habe die Gottesmutter vor 160 Jahren, durch die damals 14-jährige Bernadette Soubirous, „die Menschen auf den lebendigen Gott verwiesen, als die Quelle unseres Lebens, die uns Heil an Leib und Seele schenkt“. Der theologische Referent der Wallfahrt, Dr. Bastian Rütten, weiß, dass es Menschen gibt, die Vorbehalte gegenüber der Heiligem Bernadette und der Verehrung ihrer Reliquien haben. Er sieht die Aufgabe der Seelsorger darin, „konkret zu zeigen, wie man mit diesen wunderbaren Dingen in Berührung kommen kann.“ Deshalb werden während der ganzen Tage Einzelsegnungen und Krankensalbungen angeboten. Trost und Heil sollen die Pilger dadurch erfahren können. „Wir wollen den Menschen hier anbieten, eine Erfahrung zu machen, aus der sie möglichst neue Kraft schöpfen können.“ Eine Heilserfahrung, die eine Teilnehmerin an der Vigilfeier so beschreibt: „Diese enge Beziehung, die Bernadette zur Mutter Gottes hatte, macht sie zu einer wichtigen Fürsprecherin, gerade für Menschen, die unter einer schweren Krankheit leiden, und ohne Trost sind.“

Ave Maria in den Straßen Kevelaers

Im Anschluss an die Vigil ziehen Pilger mit ihren brennenden Kerzen, die sie im Gotteshaus angezündet haben, nach draußen auf den Kapellenplatz. Durch mehrere Straßen Kevelaers ziehen sie mit ihren Lichtern und singen dabei innig und mit großer Freude immer wieder das „Ave Maria“, das auch bei den Prozessionen in dem französischen Wallfahrtort die Atmosphäre prägt. Zum Abschluss der Lichterfeier versammeln sich dann alle vor dem Gnadenbild der „Consolatrix Afflictorum“, der „Trösterin der Betrübten“. So verbindet sich diese mit der Gottesmutter von Lourdes, die für Heilung steht. „Hier begegnet Trost dem Heil“, beschreibt es Domkapitular Kauling. Als die Menschen am späten Abend den Kapellenplatz in Kevelaer nach dem Schlusssegen wieder verlassen, hallt in vielen von ihnen das Lied wieder, das sie bei der Prozession begleitete: das Ave Maria aus Lourdes.

 

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