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Danke, Papa Emeritus!

Theologen und Journalisten kritisieren Papst Benedikts Anmerkungen zur Missbrauchskrise - zu Unrecht. Von Oliver Maksan
Papst Benedikts Anmerkungen zur Missbrauchskrise
Foto: Wolfgan Radtke-POOL (dpa) | Papst Benedikts Anmerkungen zur Missbrauchskrise stehen in der Kritik.

Die "sprungbereite Feindseligkeit", die der Papa emeritus in anderer Sache einst seiner Person gegenüber festgestellt hatte: Sie funktioniert auch heute noch verlässlich. Es sind dabei Theologieprofessoren und von der Kirche ausgebildete Journalisten, die sich besonders hervortun, Papst Benedikts Anmerkungen zur Missbrauchskrise zu geißeln. Wie auf Knopfdruck und Pawlowschen Hunden gleich läuft in Kirchenredaktionen und auf Lehrstühlen in Strömen der Speichel, sobald sich der Theologe von Weltrang zu Wort meldet.

Das Problem ist das Wie

Problematisch ist dabei nicht, dass Kritik geübt wird, sondern wie. Die jüngsten Äußerungen Benedikts dürfen diskutiert werden. Benedikt ist seit seiner Abdankung nicht mehr Papst, auch nicht mehr halb. Seine Worte haben deshalb formal keine lehramtliche Qualität. Zudem hat er schon während seines Pontifikats dazu eingeladen, seine akademische, nicht lehramtliche Jesus-Trilogie kritisch zu diskutieren - ihm dabei aber jenen Vorschuss an Sympathie zu schenken, ohne den es kein Verstehen gibt. Doch genau daran mangelt es all den Benedikt-Bashern. Joseph Ratzinger hatte bei ihnen nie Kredit. In Wahrheit geht es Benedikts Kritikern auch darum, durch scharfe Reaktionen den früheren Pontifex von weiteren Wortmeldungen abzuschrecken. Mit dem Mann soll ein verhasster Pontifikat entsorgt und zum Schweigen gebracht werden.

Die Missbrauchskrise ist komplex

Es ist wahr: Die Missbrauchskrise ist komplex. Warum Täter im Kontext der Kirche Täter wurden und werden konnten, warum lange nicht hart eingegriffen und spät erst umfassende Prävention diskutiert wurde, hat vielfältige Ursachen. Benedikt hat denn auch keine erschöpfende und prinzipiell unangreifbare Analyse vorgelegt, aber tief genug gebohrt um zu zeigen, warum die Abwehrkräfte bei Tätern und kirchlichen Oberen derart geschwächt waren. Dass eine Moraltheologie, die kein in sich Schlechtes mehr kennt, wider Willen zur individuellen Rechtfertigung für Missbrauchstaten werden kann, liegt auf der Hand. Und wenn kirchliche Autorität das Strafrecht mutmaßlichen Tätern gegenüber derart skrupulös auslegt, dass es sich de facto neutralisiert - Stichwort Garantismus -, hat sich jede jede spezielle wie generelle Prävention erledigt.

Dem ehemaligen Nachfolger Petri dankbar sein

Damit ist nicht gesagt, dass es nicht ein ebenso falsches wie fatales Verständnis von Institutionenschutz gab. Aber dem Bündel an Ursachen und Umständen sind eben ganz wesentliche Aspekte hinzugefügt. Vor allem aber bewahrt der ehemalige Papst davor, alles Strukturen anzulasten und darüber das individuelle Drama zu übersehen, das jeder Missbrauchstat vorausliegt: "Wieso konnte Pädophilie ein solches Ausmaß erreichen? Im letzten liegt der Grund in der Abwesenheit Gottes."

Dafür muss man dem ehemaligen Nachfolger Petri so dankbar sein, wie er es seinerseits Papst Franziskus ist. Danke, Papa Emeritus!

DT (jobo)

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