Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer sieht einen wesentlichen Grund für das zunehmende Unverständnis für den katholischen Glauben im wachsenden Unverständnis für das sakramentale Denken. Dies erklärte Voderholzer jüngst in einer Predigt in Regensburg-St. Emmeram. „Sakramentales Denken geht davon aus, nicht nur, dass es die sieben Sakramente der Kirche gibt, und dass die Kirche als Ganzes ,gleichsam Sakrament', also Zeichen und Werkzeug der innigsten Verbindung zwischen Gott und den Menschen und der Menschen untereinander ist, wie es die Kirchenkonstitution Lumen gentium gleich einleitend sagt.“ Sakramentalität als Denkform setze vielmehr voraus, dass die materielle Wirklichkeit selbst Träger eines über sie hinaus weisenden Sinnes sein könne und sei.
Geistliches Dienstamt ist realsymbolische Vergegenwärtigung Christi
Vor dem Hintergrund des sakramentalen Denkens werde verständlich, so der Regensburger Bischof, dass die Ehe von Mann und Frau - ihre gegenseitige Ergänzung, aber auch ihre gemeinsame Fruchtbarkeit - ein Zeichen der Liebe Gottes zu den Menschen und seiner Liebe zur Zukunft sei. Aus dem sakramentalen Denken leitet Voderholzer auch ab, dass Frauen keine Weiheämter ausüben könnten. Es werde „verständlich, dass das geistliche Dienstamt, das die realsymbolische Vergegenwärtigung Christi als des Hauptes der Kirche, als des bleibenden Voraus der Kirche, von seiner natürlichen Zeichenhaftigkeit her nur von einem Mann ausgeübt werden kann“.
Der Gegensatz zum sakramentalen Weltverständnis ist laut Voderholzer das funktionale Denken. „Ein Denken, das die Dinge und Wirklichkeiten der Schöpfung auf die Frage des Machen-Könnens verkürzt.“ Im Hinblick auf die Schöpfungswirklichkeit von Mann und Frau gesagt: „Die Reduktion auf Rollenmuster, die dann freilich in ihrer Austauschbarkeit durchschaut werden können.“
Der extreme Genderismus ist
gekennzeichnet von einer
Minimalisierung der
geschöpflich-seinsmäßigen Dimension"
Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg
Ein Ausdruck des funktionalen Denkens sei die extreme Form des „Gender-Mainstreams“. In seinen extremen Formen gehe es längst nicht mehr um Geschlechtergerechtigkeit, so der Bischof, „sondern um die Leugnung, ja die Bekämpfung der Ebene der natürlichen Zeichenhaftigkeit des Leibes. Der extreme Genderismus ist gekennzeichnet von einer Minimalisierung der geschöpflich-seinsmäßigen Dimension und einer Reduktion der Geschlechtlichkeit und der Geschlechterdifferenz auf eine menschlich zu gestaltende, geradezu technisch zu bestimmende und zu manipulierende Funktionalität“.
Deswegen sei das Schreiben der römischen Bildungskongregation so wichtig, „weil hier die sakramentale Dimension der geschöpflichen Geschlechterdifferenz und ihrer natürlichen Zeichenhaftigkeit als wesentliche Grundlage unseres biblisch begründeten Glaubens festgehalten wird“. Die lehramtliche Bewertung der Gender-Theorie bleibe nicht beim Gender-Sternchen oder der Einführung neuer Toiletten stehen, sondern betrachte die geistigen Wurzeln des Ganzen und fragt nach den Langzeitfolgen.
DT/mlu
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