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Barbarin: Französische Bischöfe erstaunt über Papst-Entscheidung

Es sei eine noch nie dagewesene Situation entstanden, meint der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Georges Pontier, und spricht von einem „Konflikt zwischen zwei Anforderungen“.
Georges Pontier zur Barbarin-Entscheidung des Papstes
Foto: Stephane Ouzounoff (KNA) | Der Erzbischof von Marseille, Georges Pontier, sieht die Entscheidung des Papstes als „Konflikt zwischen zwei Anforderungen“.

Mit Erstaunen hat die französische Bischofskonferenz auf die Entscheidung des Papstes reagiert, den Rücktritt des französischen Kardinals Philippe Barbarin nicht anzunehmen. So sei nun eine noch nie dagewesene Situation entstanden, erklärte der Vorsitzende der französischen Bischöfe, Georges Pontier gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

"Zwischenweg zwischen zwei mutmaßlichen Szenarien"

„Ich bin erstaunt, ich hatte kein solches Szenario erwartet, das einen Zwischenweg darstellt zwischen den zwei mutmaßlichen Szenarien“, so Pontier. Der Erzbischof von Marseille sieht die Entscheidung des Papstes als „Konflikt zwischen zwei Anforderungen“: Denn auf der einen Seite müsse der juristische Prozess akzeptiert werden, auf der anderen müsse man auch das Wohl des Lyoner Erzbistums im Blick haben.

Kardinal Barbarin war am 07. März wegen der Nicht-Anzeige sexueller Vergehen an Minderjährigen durch einen französischen Priester sowie unterlassener Hilfeleistung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Unmittelbar nach dem Urteilsspruch kündigte er, bei Papst Franziskus seinen Rücktritt als Erzbischof einreichen zu wollen.

"Es steht mir nicht zu, mich gegen den Papst zu positionieren"

Auf die Frage, ob er es bevorzugt hätte, wenn Papst Franziskus den Rücktritt Barbarins angenommen hätte, erklärte Pontier: „Es steht mir nicht zu, mich gegen den Papst zu positionieren.“ Er nehme die Entscheidung des Heiligen Stuhls „zur Kenntnis“. Den Rücktritt Barbarins anzunehmen sei dem Papst offensichtlich nicht angemessen erschienen, da der Zivilprozess gegen den Lyoner Erzbischof ja noch nicht zu Ende ist. „Er wollte nicht, dass es so wirkt, als würde er den Kardinal verurteilen, während die Justiz noch kein klares Urteil gefällt hat“, so Pontier weiter.

Der Opferverband „La Parole Libérée“, der im Prozess gegen Barbarin als Kläger aufgetreten war, reagierte mit Unverständnis. Der Vorsitzende, Francois Devaux, nannte die Entscheidung des Papstes „einen Fehler zu viel“. Gegenüber AFP erklärte er in Bezug auf Franziskus: „Ich glaube, dass dieser Mann es schaffen wird, die Kirche zu töten.“

DT/mlu

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