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Nachahmen, was Jesus getan hat

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters beim Angelus am 22. Juli.
Ansprache des Heiligen Vaters beim Angelus am 22. Juli.
Foto: Claudio Peri (ANSA)

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Im heutigen Evangelium (vgl. Mk 6,30-34) wird uns berichtet, dass die Apostel nach ihrer ersten Mission zu Jesus zurückkehrten und „ihm alles berichteten, was sie getan und gelehrt hatten“ (vgl. V. 30). Nach der gewiss mitreißenden, aber auch anstrengenden Erfahrung der Mission haben sie ein Verlangen nach Ruhe. Und Jesus kümmert sich voller Verständnis darum, ihnen ein wenig Erleichterung zu verschaffen und sagt: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus“ (V. 31).

Manchmal gelingt es uns nicht, unsere Pläne zu verwirklichen

Doch dieses Mal kann das Vorhaben Jesu nicht verwirklicht werden, weil die Menge den einsamen Ort, an den er sich gemeinsam mit seinen Jüngern auf einem Boot zurückziehen wollte, ausfindig gemacht und vor ihrer Ankunft dort zusammengekommen ist. Dasselbe kann auch heute geschehen. Manchmal gelingt es uns nicht, unsere Pläne zu verwirklichen, weil etwas Dringendes und Unvorhergesehenes dazwischenkommt, das unsere Programme durcheinanderbringt und Flexibilität und Bereitschaft gegenüber den Bedürfnissen der anderen erfordert.

Unter diesen Umständen sind wir aufgerufen, das nachzuahmen, was Jesus getan hat: „Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange“ (V. 34). In diesem kurzen Satz bietet uns der Evangelist eine „Blitzlichtaufnahme“ von einzigartiger Intensität, indem er die Augen des göttlichen Meisters und seine Lehre „fotografiert“.

"Sehen, Mitleid haben, lehren"

Betrachten wir die drei Verben dieses Fotogramms: „sehen, Mitleid haben, lehren“. Wir können sie die Verben des Hirten nennen. Der Blick Jesu ist kein neutraler – oder schlimmer: kalter und distanzierter – Blick, weil Jesus immer mit den Augen des Herzens schaut. Und sein Herz ist so von Zärtlichkeit und Mitleid erfüllt, dass es auch die verborgensten Bedürfnisse der Menschen zu erfassen weiß.

Zudem zeigt sein Mitleid nicht einfach nur eine emotionale Reaktion angesichts einer beschwerlichen Lage der Leute an, sondern es ist deutlich mehr: es zeigt die Haltung und die Empfänglichkeit Gottes gegenüber dem Menschen und seiner Geschichte. Jesus erscheint als die Verwirklichung der Fürsorge und der Aufmerksamkeit Gottes für sein Volk.

Angesichts der Tatsache, dass Jesus ergriffen war, als er all diese Menschen sah, die der Führung und der Hilfe bedurften, würden wir erwarten, dass Er jetzt ein paar Wunder wirkt. Stattdessen beginnt er, sie lange zu lehren. Hier haben wir das erste Brot, das der Messias der hungrigen und verirrten Herde anbietet: das Brot des Wortes. Wir alle bedürfen des Wortes der Wahrheit, das uns führt und unseren Weg erleuchtet.

Keine rechte Lebensausrichtung ohne Wahrheit

Ohne die Wahrheit, die Christus selbst ist, ist es nicht möglich, die rechte Lebensausrichtung zu finden. Wenn man sich von Jesus und seiner Liebe entfernt, verliert man sich, und das Dasein verwandelt sich in Enttäuschung und Unzufriedenheit. Mit Jesus an seiner Seite kann man sicher vorangehen, Prüfungen bestehen, in der Liebe zu Gott und in der Nächstenliebe voranschreiten. Jesus hat sich zur Gabe für die anderen gemacht und ist so für jeden von uns ein Vorbild der Liebe und des Dienens geworden.

Die allerseligste Jungfrau Maria helfe uns, dass wir uns durch eine Haltung des Teilens und des Dienens der Probleme, des Leids und der Schwierigkeiten unseres Nächsten annehmen.

Nach dem Gebet des Angelus und vor den Grüßen an einzelne Gruppen auf dem Petersplatz sagte der Papst:

Liebe Brüder und Schwestern!
In den letzten Tagen haben uns dramatische Nachrichten über den Schiffbruch von Booten voller Migranten im Mittelmeer erreicht. Ich möchte meinen Schmerz angesichts solcher Tragödien zum Ausdruck bringen und versichere die Vermissten und ihre Familien meines Gedächtnisses und meines Gebets. Ich möchte eindringlich dazu aufrufen, dass die internationale Gemeinschaft entschlossen und rasch vorgeht, um zu verhindern, dass sich ähnliche Tragödien wiederholen, und um die Sicherheit und den Respekt der Rechte und der Würde aller Menschen zu gewährleisten.

Aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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