Der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach sorgt mit einem gewagten Vergleich für Schlagzeilen: Im Interview mit der „Herder Korrespondenz“ stellte er die öffentlichen Auftritte von Papst Franziskus indirekt denen Stalin und Hitler gegenüber. In früheren Zeiten sei das päpstliche Auftreten altmodisch und „rührend in seiner Gestrigkeit“ gewesen, sagte Mosebach. Aber die „starken Männer der Moderne, ein Stalin, ein Hitler, haben ganz andere Stilmittel gebraucht, um sich ins rechte Licht zu setzen, und so hält es auch der heutige Papst“, meinte der Autor.
Totalitärere Sprache als "verstaubtes Hofzeremoniell" von einst
Als konkretes Beispiel für diese These nannte der 67-Jährige die Auftritte von Papst Franziskus in Fußballstadien. Wenn bei solchen Großveranstaltungen heute „Zigtausende auf eine einzelne weiße Gestalt in der Mitte ausgerichtet sind“, sei das „eine viel totalitärere Sprache als das umständliche, verstaubte Hofzeremoniell von einst“, so Mosebach weiter.
Auch sei es Teil des Rituals von modernen Diktatoren, Kinder zu küssen und zu liebkosen, ergänzte der Büchner-Preisträger. Zudem würden Kranke im Rollstuhl benutzt, um an ihnen Wohltätigkeit und Barmherzigkeit zu demonstrieren: „Mich überläuft es mit Schauder, wenn der regierende Heilige Vater immer von der Zärtlichkeit Gottes spricht.“
Sternberg: Habe Auftritte des Papstes anderes erlebt
Der gemeinsam mit Mosebach interviewte Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, widersprach Mosebach entschieden. Er habe die Auftritte des Papstes anders erlebt, sagte Sternberg. Es sei eben keine Show, wenn sich Franziskus kranken oder behinderten Menschen zuwende - unabhängig davon, ob Kameras in der Nähe seien oder nicht.
DT/mlu
Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost. Kostenlos erhalten Sie die Zeitung hier.