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Montag des Engels

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters beim Regina Coeli am 2. April.
Papst Franziskus wendet sich an die Gläubigen
Foto: Alessandra Tarantino (AP) | Papst Franziskus.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Einer sehr schönen, den biblischen Quellen über die Auferstehung entsprechenden Tradition zufolge wird der Montag nach Ostern in Italien „Montag des Engels“ genannt. In den Evangelien heißt es (vgl. Mt 28,1-10; Mk 16,1-7; Lk 24,1-12), dass die Frauen das Grab offen fanden, als sie sich dorthin begaben. Sie hatten gefürchtet, dass sie nicht hineingehen könnten, weil es mit einem großen Stein verschlossen worden war. Doch es war offen; und aus dem Inneren hören sie eine Stimme, die ihnen sagt, Jesus sei nicht dort, sondern auferstanden.

Zum ersten Mal werden diese Worte ausgesprochen: „Er ist auferstanden“. Die Evangelisten überliefern, dass diese erste Verkündigung durch die „Engel“, die Boten Gottes, erfolgte. Diese Anwesenheit der Engel ist von Bedeutung: so wie die Menschwerdung des Wortes von einem Engel, Gabriel, verkündet worden war, so war für die erste Verkündigung der Auferstehung ein menschliches Wort nicht ausreichend. Es bedurfte eines höheren Wesens, um etwas so Umwälzendes, so Unglaubliches mitzuteilen, das möglicherweise kein Mensch es auszusprechen gewagt hätte. Nach dieser ersten Verkündigung beginnt die Gemeinschaft der Jünger zu wiederholen: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen“ (Lk 24,34). Das ist eine schöne Verkündigung. Wir können jetzt alle gemeinsam sagen: „Der Herr ist wirklich auferstanden“. Diese erste Verkündigung - „Der Herr ist wirklich auferstanden“ - erforderte eine höhere Intelligenz als die menschliche.

Heute ist ein Tag des Festes und der Geselligkeit, der normalerweise mit der Familie verbracht wird. Es ist ein Tag der Familie. Nachdem wir Ostern gefeiert haben, verspüren wir das Bedürfnis, nochmals mit den Familienangehörigen und den Freunden zusammenzukommen, um zu feiern. Denn die Geschwisterlichkeit ist die Frucht des Paschas Christi, der durch seinen Tod und seine Auferstehung die Sünde besiegt hat, die den Menschen von Gott, von sich selbst und von seinen Brüdern und Schwestern trennte. Wir wissen, dass die Sünde immer trennt, immer Feindschaft hervorruft. Jesus hat die trennende Mauer zwischen den Menschen niedergerissen und wieder Frieden gestiftet, indem er begonnen hat, das Netz einer neuen Geschwisterlichkeit zu knüpfen. Es ist ganz wichtig in unserer Zeit, dass wir die Geschwisterlichkeit wieder entdecken, so wie sie in den ersten christlichen Gemeinden gelebt wurde. Wiederzuentdecken, wie wir Raum für Jesus schaffen können, der nie trennt, sondern immer vereint. Ohne Geschwisterlichkeit und ohne Teilen kann es keine wahre Gemeinschaft und kein wahres Engagement für das Allgemeinwohl und die soziale Gerechtigkeit geben. Ohne geschwisterliches Teilen kann keine kirchliche oder bürgerliche Gemeinschaft entstehen: es gibt dann nur eine Ansammlung von Einzelnen, die von ihren Eigeninteressen bewegt oder zusammengefasst werden. Die Geschwisterlichkeit ist jedoch eine Gnade, die Jesus wirkt.
Das Pascha Christi hat in der Welt noch etwas anderes zum Ausbruch kommen lassen: die Neuheit des Dialogs und der Beziehung, eine Neuheit, die für die Christen eine Verantwortung geworden ist. Denn Jesus hat gesagt: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Joh 13,35). Das ist der Grund, warum wir uns nicht ins Private, in unsere Gruppe zurückziehen dürfen, sondern aufgerufen sind, uns um das Gemeinwohl zu kümmern, für unsere Brüder und Schwestern zu sorgen, vor allem die schwächsten und ausgegrenzten. Nur die Geschwisterlichkeit kann einen dauerhaften Frieden garantieren, die Armut besiegen, Spannungen und Kriege beenden, Korruption und Kriminalität den Garaus machen. Der Engel, der uns sagt: „Er ist auferstanden“, helfe uns, die Geschwisterlichkeit, die Neuheit des Dialogs und der Beziehung sowie die Sorge für das Gemeinwohl zu leben.

Die Jungfrau Maria, die wir in dieser österlichen Zeit mit dem Titel Himmelskönigin anrufen, unterstütze uns mit ihrem Gebet, auf dass die Geschwisterlichkeit und die Gemeinschaft, die wir in diesen Ostertagen erfahren, unser Lebensstil und die Seele unserer Beziehungen werden können.

Nach dem Gebet des Regina Coeli sagte der Papst:

Liebe Brüder und Schwestern!

In der österlichen Atmosphäre, die den heutigen Tag auszeichnet, möchte ich Euch alle, Familien, Pfarrgemeindegruppen, Vereinigungen und einzelne Pilger herzlich grüßen, die Ihr aus Italien und verschiedenen Teilen der Welt hierhergekommen seid.

Jedem von Euch wünsche ich, diese Tage der Osteroktav, in denen sich die Freude über die Auferstehung Christi fortsetzt, auf ruhige und frohe Weise zu verbringen. Ergreift jede gute Gelegenheit, um vor allem im Hinblick auf schwächere und benachteiligte Menschen Zeugen für den Frieden des auferstandenen Herrn zu sein. Diesbezüglich möchte ich den „Welttag der Aufklärung über Autismus“, der heute begangen wird, meines besonderen Gebets versichern.

Bitten wir um das Geschenk des Friedens für die ganze Welt, vor allem für die Bevölkerungsgruppen, die unter den derzeitigen Konflikten zu leiden haben. Besonders möchte ich erneut dazu aufrufen, dass Menschen, die entführt oder auf ungerechte Weise ihrer Freiheit beraubt wurden, freigelassen werden und nach Hause zurückkehren können.

Einen schönen Ostermontag! Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen. Und: „Der Herr ist wirklich auferstanden“.

Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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