Die Wurzeln der durch die McCarrick-Affäre verursachten Krise liegen Bischof Scharfenberger von Albany zufolge in „der Sünde und in einer Abkehr von der Heiligkeit, vor allem der Heiligkeit einer ganzheitlichen, wahrhaft menschlichen Sexualität“. Weiter sagt er: „Negativ – und so klar und direkt wie ich unsere kirchliche Lehre wiedergeben kann – formuliert: Außerhalb eines echten Ehebundes ,sexuell aktiv‘ zu sein ist eine schwere Sünde“ (Brief an den Klerus, 29. Juli 2018).
Begriff "Sünde" aus dem theologischen Diskurs verschwunden
Diese Lehre wird seit mehr als 50 Jahren verwässert. Der Begriff „Sünde“ ist aus dem theologischen – oder alltäglichen – Diskurs praktisch verschwunden. Heiligkeit wird selten als das Ziel der Sittlichkeit angesehen. Diese Verwässerung bildet nicht nur die Wurzel des Phänomens sexuellen Fehlverhaltens unter dem Klerus. Sie bildet auch die Wurzel für die Tatsache, dass es Bischöfen nicht gelingt, angemessen auf ein solches Verhalten zu reagieren.
Die abweichenden Ansichten wurden bald zum Mainstream
Es ist nicht ohne Signifikanz, dass das Öffnen der Büchse der Pandora durch den McCarrick-Skandal in den Vereinigten Staaten zum Zeitpunkt des 50. Jahrestags von Humanae vitae erfolgte. Es ist in Vergessenheit geraten, dass die von Papst Paul VI. auf Grundlage seiner petrinischen Gewalt (vgl. Humanae vitae, 4) neu artikulierten, zentralen Prinzipien der katholischen Sexualmoral innerhalb weniger Tage nach ihrer Verkündigung von Theologen, die eine andere Auffassung vertraten, zurückgewiesen wurden. Das war ein Novum in der Geschichte der Kirche. Diese abweichenden Ansichten wurden bald zum Mainstream. Wie konnte das passieren?
DT/reg
Die Vorwürfe um den ehemaligen Kardinal McCarrick sind nur die Spitze des Eisbergs - der Missbrauchsskandal in der katholischen US-Kirche zieht immer weitere Kreise. Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der "Tagespost" vom 23. August, wie es so weit kommen konnte.