Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung

Marcel Callo:„Häftling 108 548 ist viel zu katholisch“

Zwangsarbeiter aus der Bretagne kommt in Mauthausen ums Leben. Vor siebzig Jahren starb der selige Marcel Callo (1921–1945) für seinen Glauben. Von Wolfgang o. Hugo
Marcel Callo als Statue
Foto: Ulrich Kneise

Wie kommt die Statue eines jungen Buchdruckers aus Rennes in den Chor des Würzburger Doms? Marcel Callo, geboren 1921 in der Hauptstadt der Bretagne, wird früh Pfadfinder, mit 13 Jahren tritt er der Christlichen Arbeiterjugend (JOC) bei. Als der gelernte Buchdrucker im Rahmen des Zwangsarbeitsdienstes STO im Frühjahr 1943 nach Deutschland verschleppt wird, sagt er: „Ich gehe nicht als Arbeiter dorthin – ich fahre als Missionar“, der sich um seine Landsleute kümmert und diese geistlich betreut.

Marcel Callo kommt in das Lager von Zella-Mehlis, das damals zur Diözese Würzburg gehört und muss in einer Waffenfabrik arbeiten. Im Lager gründet er eine katholische Aktionsgruppe, sammelt zum Gottesdienst, wirkt als Chorleiter und Krankenpfleger. Dadurch gerät Callo in die Fänge der Gestapo: Die christliche Arbeiterjugend wird verboten, Marcel Callo verbringt fünf Monate im Kerker in Gotha.

Die Einweisung ins Konzentrationslager

Das Urteil aus Berlin, verbunden mit der Einweisung ins Konzentrationslager, war eindeutig: „Durch seine katholische Aktion bei seinen französischen Kameraden während seines Arbeitspflichtdienstes in Deutschland, hat er sich als Schädling für die nationalsozialistische Regierung und das Wohl des deutschen Volkes erwiesen.“

An anderer Stelle heißt es: Häftling 108 548 ist „viel zu katholisch“. Das war im September 1944. Über Flossenbürg und Hof wird Callo mit seinen Kameraden in das Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich abtransportiert. In der Außenstelle Gusen II muss Callo im unterirdischen Flugzeugwerk bei der Produktion von Düsenjägern des Typs Me 262 mitarbeiten. Völlig entkräftet, wird er in das Krankenrevier des KZ eingeliefert, wo er am 19.März 1945 stirbt.

Am 4. Oktober 1987 in Rom seliggesprochen

Die besonderen Beziehungen zwischen dem Glaubenszeugen aus der Bretagne und der Diözese Würzburg spielten eine besondere Rolle, als Msgr. Gouyon, Erzbischof von Rennes, 1968 ein Seligsprechungsverfahren beantragt und sich an die Diözese Würzburg wendet. Der spätere Weihbischof Helmut Bauer liefert zahlreiche Dokumente und Informationen nach Rennes. Sie finden Eingang in die 1972 in Rom vorgelegte Dokumentation zu Leben und Martyrium von Marcel Callo und ermöglichen die Seligsprechung in Rom am 4. Oktober 1987.

Nach der Seligsprechung in Rom besuchte Callos Familie, die sehr dankbar für die Anteilnahme aus Würzburg war, Deutschland und konnte die damals neu geschaffene Statue von Marcel Callo im Kiliansdom Würzburg betrachten. Die Union Bayern-Bretagne (UBB) hielt über die Jahre den Kontakt zum letzten überlebenden Bruder von Marcel Callo, Jean Callo, der Hausgeistlicher an einer Klosterschule in Fougeres war und im Mai 2011 verstarb.

Marcel Callo ist nicht vergessen

In seiner bretonischen Heimat und in Deutschland ist Marcel Callo nicht vergessen. 2002 wurde in Rennes eine Pfarrei in der Nähe des Flughafens St. Jacques-de-la-Lande nach dem jungen Mann benannt, der in der Fremde starb. An seinem Geburtshaus in der Altstadt erinnert eine Tafel an die Familie Callo und ihre neun Kinder; eine Schule in der rue de Dinan trägt seinen Namen.

Auch in der Kirche Saint-Aubin, der Pfarrei seiner Jugend, erinnert man immer wieder an Marco Callo. In Redon (Bretagne) trägt eine Berufsschule seinen Namen, in Castrop-Rouxel ein Jugendzentrum der DPSG. Auch in Augsburg und Heiligenstadt tragen katholische Bildungshäuser den Namen von Marcel Callo. In Linz-Auwiesen, unweit der früheren unterirdischen Produktionsstätten, erinnern der Pfarreiname Marcel Callo und ein Marcel Callo-Weg an den jungen Glaubenszeugen aus der Bretagne, in Zella-Mehlis wurde der Platz vor der katholischen Kirche nach ihm benannt, 2010 wurde eine Gedenktafel am Amtsgericht Gotha angebracht.

Am 19. März 2015, dem 70.Todestag des jungen Glaubenszeugen aus der Bretagne, gedachte der emeritierte Würzburger Weihbischof Helmut Bauer des Seligen in einer Geistliche Gedenkstunde in der Hauskapelle des Mutterhauses der Schwestern des Erlösers.

Themen & Autoren

Kirche

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) ist ein Streit um das Pfarramt für Frauen entbrannt. Im äußersten Fall droht die Spaltung.
22.04.2024, 16 Uhr
Vorabmeldung