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„Leben wir das heilige Triduum“

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters während der Generalaudienz vom 28. März.
Generalaudienz mit Papst Franziskus
Foto: Paul Haring (KNA) | Papst Franziskus begrüßt die Menschen während der Generalaudienz auf dem Petersplatz im Vatikan am 31. Mai 2017.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Heute möchte ich mich damit befassen, über das Ostertriduum nachzudenken, das morgen beginnt, und ein wenig vertiefen, was die wichtigsten Tage des liturgischen Jahres für uns Gläubige bedeuten. Ich möchte Euch eine Frage stellen: welches Fest ist das wichtigste für unseren Glauben: Weihnachten oder Ostern? Ostern, weil es das Fest unserer Erlösung ist, das Fest der Liebe Gottes zu uns, das Fest, die Feier seines Todes und seiner Auferstehung. Und daher möchte ich mit Euch über dieses Fest nachdenken, über diese Tage, diese österlichen Tage, bis zur Auferstehung des Herrn. Diese Tage stellen das feierliche Gedächtnis eines großen, einzigartigen Geheimnisses dar: des Todes und der Auferstehung Jesu, des Herrn. Das Triduum nimmt morgen mit der Messe vom Letzten Abendmahl des Herrn seinen Anfang und geht mit der Vesper des Sonntags der Auferstehung zu Ende. Dann kommt der Ostermontag, um dieses große Fest zu feiern: ein Tag mehr. Doch das ist post-liturgisch: es ist das Familienfest, das Fest der Gesellschaft. Das Triduum bezeichnet die grundlegenden Stationen unseres Glaubens und unserer Berufung in der Welt, und alle Christen sind aufgerufen, die drei Kartage – Donnerstag, Freitag und Samstag und den Sonntag natürlich, doch Samstag ist die Auferstehung – die drei Kartage sozusagen als „Grundmodell“ ihres persönlichen Lebens und ihres gemeinschaftlichen Lebens zu leben, so wie unsere jüdischen Brüder und Schwestern den Exodus aus Ägypten gelebt haben.

Diese drei Tage rufen dem christlichen Volk die großen Ereignisse des durch Christus gewirkten Heils in Erinnerung, verweisen es so auf den Horizont seines künftigen Schicksals und stärken es in seinem Bemühen, in der Geschichte Zeugnis abzulegen.

Am Ostermorgen, während die im Triduum erlebten Stationen nachempfunden werden, lässt die „Sequenz“, das heißt ein Hymnus oder eine Art Psalm, auf feierliche Weise die Verkündigung der Auferstehung vernehmen; sie lautet: „Christus, meine Hoffnung, ist auferstanden und geht den Seinen voran nach Galiläa“. Das ist die große Aussage: Christus ist auferstanden. Und in vielen Völkern der Welt, vor allem in Osteuropa, begrüßen sich die Menschen in diesen Ostertagen nicht mit „Guten Tag“ oder „Guten Abend“, sondern mit „Christus ist auferstanden“, um den großen Ostergruß zu bekräftigen. „Christus ist auferstanden“. In diese von Jubel ergriffenen Worte - „Christus ist auferstanden“ - gipfelt das Triduum. Sie enthalten nicht nur eine Verkündigung der Freude und der Hoffnung, sondern auch einen Aufruf zur Verantwortung und zur Mission. Und es ist nicht mit der Ostertaube, den Ostereiern, den Festlichkeiten zu Ende – auch wenn das schön ist, weil es ein Fest der Familie ist -, aber damit ist es nicht zu Ende. Dort beginnt der Weg zur Mission, zur Verkündigung: Christus ist auferstanden. Und diese Verkündigung, auf die das Triduum hinführt, indem es uns auf ihre Annahme vorbereitet, ist der Mittelpunkt unseres Glaubens und unserer Hoffnung, sie ist der Kern, sie ist die Verkündigung, sie ist – das Wort ist schwierig, aber bringt dies alles zum Ausdruck – das „Kerygma“, das beständig die Kirche evangelisiert und das diese ihrerseits zu evangelisieren gesandt ist.

Der heilige Paulus fasst das Osterereignis mit folgenden Worten zusammen: „als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden“ (1 Kor 5,7). Er wurde geopfert. Und – so fährt er fort -: „Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden“ (2 Kor 5,17). Neu geboren. Aus diesem Grund wurden die Menschen immer schon am Ostertag getauft. Auch in der Nacht des kommenden Samstags werde ich hier im Petersdom acht Erwachsene taufen, die das christliche Leben beginnen. Und alles beginnt, weil sie neu geboren werden. Und mit einer anderen knappen Formulierung sagt der heilige Paulus über Christus „Wegen unserer Verfehlungen wurde er hingegeben, wegen unserer Gerechtmachung wurde er auferweckt“ (Röm 4,25). Der einzige, der einzige, der uns gerecht macht; der einzige, der macht, dass wir erneut geboren werden, ist Jesus Christus. Niemand anderes. Und daher muss man nichts bezahlen, weil die „Gerechtmachung“ unentgeltlich ist. Und das ist die Größe der Liebe Jesu: er schenkt sein Leben unentgeltlich hin, um uns zu heiligen, um uns zu erneuern, um uns zu vergeben. Und gerade das ist der Kern dieses Ostertriduums. Im Ostertriduum wird das Gedächtnis dieses fundamentalen Ereignisses voller Dankbarkeit gefeiert, und gleichzeitig erneuert es in den Getauften das Gefühl ihres neuen Zustands, den der Apostel Paulus auf folgende Weise zum Ausdruck bringt: „Ihr seid mit Christus auferweckt; darum (…) richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische!“ (Kol 3,1-2). Nach oben blicken, auf den Horizont blicken, die Horizonte erweitern: das ist unser Glaube, das ist unsere „Gerechtmachung“, das ist der Stand der Gnade! Denn durch die Taufe sind wir mit Jesus auferstanden und für die Dinge und die Logik der Welt gestorben; wir wurden als neue Geschöpfe wiedergeboren: eine Wirklichkeit, die Tag für Tag Gestalt annehmen muss.

Wenn sich ein Christ wirklich von Christus läutern lässt, wenn er sich wirklich von ihm den alten Menschen abnehmen lässt, um in ein neues Leben zu gehen, dann kann er, wenngleich er Sünder bleibt – denn wir alle sind Sünder – nicht mehr korrupt sein, denn die „Gerechtmachung“ Jesu rettet uns von der Korruption, wir sind Sünder aber nicht korrupt; er kann nicht mehr mit dem Tod in seinem Inneren leben und auch keinen Tod verursachen. Und hier muss ich etwas Trauriges und Schmerzliches sagen… Es gibt falsche Christen: die, die sagen „Christus ist auferstanden“, „ich wurde von Jesus gerecht gemacht“, ich bin im neuen Leben, aber ich lebe ein korruptes Leben. Und diese falschen Christen werden ein böses Ende nehmen. Der Christ, sage ich nochmals, ist ein Sünder – wir alle sind Sünder, ich bin ein Sünder – doch wir haben die Gewissheit, dass der Herr uns vergibt, wenn wir ihn um Vergebung bitten. Der Korrupte tut so, als wäre er ein ehrenwerter Mensch, doch in seinem Herzen findet sich Fäule. Jesus schenkt uns ein neues Leben. Der Christ kann nicht mit dem Tod in seinem Inneren leben und auch keinen Tod verursachen. Denken wir – um etwas aus der Nähe aufzugreifen – denken wir hier bei uns an die sogenannten Mafia-Christen. Doch an Christlichem haben sie absolut nichts: sie nennen sich Christen, doch im Inneren tragen sie den Tod und bringen ihn den anderen. Beten wir für sie, dass der Herr ihre Seele berühren möge. Der Nächste, vor allem der unbedeutendste und der, der am meisten leidet, wird das konkrete Antlitz, dem wir die Liebe schenken müssen, die Jesus uns geschenkt hat. Und die Welt wird der Raum für unser neues Leben als Auferweckte. Wir sind mit Jesus auferweckt: aufrecht, mit erhobenem Blick, und wir können die Demütigung derer teilen, die heute noch, wie Jesus, leiden, nackt sind, bedürftig sind, einsam sind, sterben, um dank Ihm und mit Ihm Werkzeuge der Befreiung und der Hoffnung zu werden, Zeichen des Lebens und der Auferstehung. In vielen Ländern – hier in Italien und auch in meiner Heimat – besteht die Gewohnheit, dass die Mütter, die Großmütter, wenn sie am Ostertag die Glocken hören, die Kinder ihre Augen mit Wasser waschen lassen, mit dem Wasser des Lebens, als Zeichen, um die Dinge Jesu, die neuen Dinge sehen zu können. Lassen wir uns bei diesem Osterfest die Seele waschen, die Augen der Seele waschen, um die schönen Dinge zu sehen und schöne Dinge zu tun. Und das ist etwas Wunderbares! Das ist wirklich die Auferstehung Jesu nach seinem Tod, der der Preis war, um uns alle zu erlösen.

Liebe Brüder und Schwestern, bereiten wir uns darauf vor, das nunmehr unmittelbar bevorstehende heilige Triduum – es beginnt morgen - richtig zu leben, um immer tiefer in das Geheimnis Christi, der für uns gestorben und auferstanden ist, hineingenommen zu werden. Auf diesem geistlichen Weg begleite uns die allerseligste Jungfrau Maria, die Jesus in seinem Leiden gefolgt ist – sie war dort, sie hat es gesehen, hat gelitten… - sie war unter seinem Kreuz und dort vereint mit Ihm, doch sie hat sich nicht für ihren Sohn geschämt. Eine Mutter schämt sich nie für ihren Sohn! Sie war dort und empfing in ihrem mütterlichen Herzen die unendliche Freude der Auferstehung. Möge sie uns die Gnade erwirken, innerlich von den Feiern der nächsten Tage ergriffen zu werden, auf dass unser Herz und unser Leben wirklich durch sie verwandelt werden.

Und indem ich Euch diesen Gedanken überlasse, wünsche ich euch allen von ganzem Herzen ein frohes und gesegnetes Osterfest, gemeinsam mit Euren Gemeinden und Euren Lieben.
Und ich rate Euch: bringt am Ostermorgen die Kinder zum Wasserhahn und lasst sie sich die Augen waschen. Es wird ein Zeichen sein, wie man den auferstandenen Jesus sehen kann.

Ein Sprecher verlas folgenden Gruß des Papstes an die Besucher aus dem deutschen Sprachraum:

Von Herzen grüße ich die Pilger deutscher Sprache an der heutigen Audienz. Liebe Brüder und Schwestern, machen wir uns bereit, die Geheimnisse unserer Erlösung an den drei österlichen Tagen in rechter Weise zu feiern, indem wir Gottes Barmherzigkeit im Bußsakrament empfangen und die Liebe Christi zu unseren Mitmenschen bringen. Allen wünsche ich frohe und gesegnete Ostern.

Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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